Harold und Maude

Als Colin Higgins Ende der 1960er Jahre mit dem Drehbuch zu „Harold und Maude“ seine Abschlussarbeit eines Drehbuch-Seminars an der Universität in Los Angeles ablieferte, ahnte er sicher nicht, dass die Verfilmung seiner Geschichte durch Hal Ashby („Das letzte Kommando“, „Coming Home - Sie kehren heim“) nicht sofort, aber sukzessive zu einem Publikums- und Kritikerliebling wurde und längst als Klassiker des New-Hollywood-Kinos gilt.

Inhalt:

Mit seinen gerade mal 18 Jahren lebt Harold Chasen (Bud Cort) mit seiner wohlhabenden Mutter (Vivian Pickles) in einer Villa in Kalifornien, weiß aber nicht so recht etwas mit seinem von seiner kontrollsüchtigen Mutter regulierten Leben anzufangen. Seit er allerdings bei einem verunglückten Chemie-Experiment in der Schule für tot gehalten wurde und zuhause unbemerkt verfolgen konnte, wie seine Mutter bei der Überbringung der Nachricht über den vermeintlichen Tod ihres Sohnes durch zwei Polizisten zusammengebrochen ist, verbringt Harold seine Zeit vorwiegend damit, ausgefallene Selbstmordmethoden zu inszenieren, mit denen er seine Mutter zunehmend zur Verzweiflung bringt. Oftmals ignoriert sie aber bereits, wenn Harold leblos im Pool schwebt oder sich mit einem Strick erhängt. Da auch sein Psychiater (G. Wood) keinen rechten Zugang zu Harold findet und sein bei der Armee als General dienender Onkel Victor nach näherem Kennenlernen davon Abstand nimmt, den Jungen für den Militärdienst zu rekrutieren, sieht Harolds Mutter eine Verheiratung als letzten Ausweg. Also wird eine Elite-Heiratsvermittlung, die die Fetten und Hässlichen vorab aussortiert, damit beauftragt, drei geeignete Kandidatinnen zu präsentieren, doch Harold versteht es mit Leichtigkeit, die jungen Frauen mit seinem exzentrischen Verhalten in die Flucht zu schlagen. 
Dafür hat er sich mit der 79-jährigen Maude (Ruth Gordon) angefreundet, die er bei einer Beerdigung kennengelernt hat und die Harold die schönen und spannenden Seiten des Lebens nahebringt, bis Harold sogar plant, Maude zu heiraten, was nicht nur seiner Mutter einen schweren Schock versetzt. Maude verfolgt dagegen ihre eigenen Pläne…

Kritik:

Auch wenn Hal Ashby nicht so prominent wie seine New-Hollywood-Kollegen Martin Scorsese,  Sam Peckinpah, Robert Altman, John Cassavetes, William Friedkin, Terrence Malick oder Francis Ford Coppola gewesen ist, sind seine Werke doch von dem Drang geprägt, alte Verhaltens- und Denkmuster aufzubrechen und Neues zu wagen. Für diese Einstellung ist sein zweiter Film „Harold und Maude“ ein blendendes Beispiel. 
Mit der Geschichte des lieblos aufwachsenden, mit der Todessehnsucht spielenden Harold und der lebenslustigen Maude durchbricht Ashby gleich zwei Tabus, nämlich den selbstinszenierten und -bestimmten Tod und die Liebe zwischen einem jungen Mann und einer Frau, die seine Großmutter sein könnte. Dabei könnten Harold und Maude kaum unterschiedlicher sein. Während Harold in einer Villa voller Wertgegenstände, aber ohne Leben und Liebe lebt, da seine alleinerziehende Mutter nur auf ihre gesellschaftliche Stellung Wert legt, in einem Leichenwagen durch die Gegend fährt, auf Beerdigungen geht und zusieht, wie Häuser mit einer Abrissbirne zerstört werden, nimmt sich Maude das vom Leben, was sie gerade braucht. Sie lebt in einem ausrangierten Eisenbahnwagon und hat ihn mit unzusammenhängenden Erinnerungsstücken gefüllt, mit Gegenständen und Apparaturen, die den Geruchs- und den Tastsinn stimulieren.
Harold lässt sich von der unbändigen Lebensfreude seiner neuen Freundin schnell anstecken und wird ihr zu einem tatkräftigen Begleiter. Auch wenn der Film ernste Themen behandelt und auch Maudes schwere Vergangenheit kurz thematisiert, wirkt „Harold und Maude“ doch in erster Linie lebensbejahend und hoffnungsvoll. Das wird durch die tollen Darsteller und den stimmungsvollen Soundtrack von Cat Stevens mit Songs wie „Don’t Be Shy“ und „If You Want to Sing Out, Sing Out“ noch verstärkt.

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