Stanley und Iris

Bereits mit seinem Regiedebüt „Ein Mann besiegt die Angst“ (1957) hat sich Martin Ritt („Der lange heiße Sommer“, „Man nannte ihn Hombre“) als Fürsprecher der Arbeiterklasse erwiesen. Mit seinem letzten Film „Stanley und Iris“ (1990) schließt sich der Kreis. Mit dieser Arbeiterromanze meldete sich auch Hauptdarstellerin Jane Fonda für lange Zeit von der Bildfläche ab und kehrte erst fünfzehn Jahre später in der Komödie „Das Schwieger-Monster“ auf die Leinwand zurück.

Inhalt:

Nach dem Tod ihres Mannes sorgt Iris King (Jane Fonda) nicht für ihre Kinder Kelly (Martha Plimpton) und Richard (Harley Cross), sondern derzeit auch ihre Schwester Sharon (Swoosie Kurtz) und deren Mann Joe (Jamey Sheridan), beide arbeitslos. Dabei verdient sie als Angestellte in einer Großbäckerei nicht viel. 
Als ihr eines Tages ein Mann die Handtasche raubt, kommt ihr Stanley Cox (Robert De Niro) zur Hilfe, der als Koch in der Kantine der Bäckerei arbeitet. Zwar kommen sich Stanley und Iris einander näher, doch Iris kommt noch nicht über den Tod ihres vor acht Monaten verstorbenen Mannes hinweg und muss sich vermehrt um ihre schwangere Tochter kümmern. Stanley seinerseits muss den Tod seines gerade verschiedenen Vaters verkraften, mit dem er noch bis vor kurzem zusammengewohnt und den er dann aus Versorgungsgründen in ein Heim gebracht hat.
Sowohl sein Chef als auch Iris bekommen mit, dass Stanley nicht lesen kann. Stanley verliert seinen Job und schlägt sich als Tagelöhner durch, doch dann nimmt er Iris‘ Angebot an, bei ihr Lesen und Schreiben zu lernen…

Kritik:

Martin Ritt hat mit „Stanley und Iris“ den Roman „Union Street“ von Par Barker verfilmt und sich sehr viel Zeit genommen, die prekären Arbeits- und Lebensverhältnisse seiner beiden Hauptfiguren zu beschreiben. Trotz der bescheidenen Umstände, dem Tod geliebter Menschen und der beengten Wohnverhältnisse verlieren Stanley und Iris nicht die Freude am Leben. Sie machen weiter wie die Rädchen im Uhrwerk, stehen auf, gehen zur Arbeit, kommen nach Hause, essen, gehen schlafen und stehen am nächsten Morgen wieder auf. Während Iris wenigstens noch eine Familie hat, um die sie sich kümmern kann, lebt Stanley in einer Garage und widmet sich seinen Erfindungen. Iris und Stanley lernen einander zu lieben, den Verlust geliebter Menschen zu überwinden und wieder nach vorn zu schauen, gemeinsam. Wenn Stanley als Analphabet erst lesen und schreiben lernt und dann mit seinem Erfindungsreichtum Karriere macht, erzählt Martin Ritt vom amerikanischen Traum, dass jeder es zu etwas bringen kann, wenn er sich nur anstrengt. Das wirkt zwar sehr naiv und aufgesetzt, durch die leise Inszenierung und die guten Darsteller aber auch mitreißend. Mit einem glaubwürdigeren Skript hätte „Stanley und Iris“ großes Gefühlskino werden und einen wertvollen Beitrag zum Thema Aufstieg durch Bildung werden können, doch beschränkt sich die Romanze viel zu sehr auf die Beziehung, die Robert De Niro und Jane Fonda trotz ihrer persönlichen Handicaps aufbauen.

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