Getrennt von Tisch und Bett
Allein schon die Besetzung mit den Hollywood-Stars David
Niven, Rita Hayworth, Deborah Kerr und Burt Lancaster dürfte 1958
Grund genug für viele Kinogänger gewesen sein, Delbert Manns Drama „Getrennt
von Tisch und Bett“ zu sehen. Die wenigsten dürften enttäuscht worden sein,
denn die Adaption von Terence Rattigans Bühnenstück erweist sich auch heute
noch als sensible Charakterstudie mit großartigen Darstellerleistungen.
Inhalt:
In dem kleinen Hotel „Beauregard“ im englischen Badeort Bournemouth
sind einige Dauergäste untergebracht, die während der Wintersaison Zuflucht vor
der Einsamkeit suchen. Unter ihnen befinden sich der angehende Arzt Charles (Rod
Taylor), der sich auf seine Anatomie-Prüfung vorbereitet, aber immer wieder
von seiner Verlobten Jean (Audrey Dalton) gestört wird, die unscheinbare,
kränkliche Sibyl (Deborah Kerr) und ihre dominante, unnachgiebige Mutter
Mrs. Railton-Bell (Gladys Cooper), die den häufigen Umgang ihrer Tochter
mit dem alternden Major Pollock (David Niven) immer wieder kritisch kommentiert.
Dieser hat sich mit der schüchternen Sibyl angefreundet und verpasst keine
Gelegenheit, mit seiner vermeintlich exzellenten Schulbildung und militärischen
Karriere zu prahlen, die ihn an allerlei exotische Orte geführt habe. Der
ehemalige Lehrer Mr. Fowler (Felix Aylmer) ist zwar von Pollocks
Geschichten nicht überzeugt, aber er und auch die zynische Einzelgängerin Miss
Meacham (May Hallatt) tolerieren den Major als langjährigen Hotelgast;
so auch der Schriftsteller John Malcolm (Burt Lancaster), der seine
Vergangenheit im Alkohol zu ertränken versucht und eine Liaison mit der
patenten Hotelbesitzerin Miss Cooper (Wendy Hiller) angefangen hat.
Eines Abends trifft mit Ann Shankland (Rita Hayworth),
bei der es sich um ein ehemaliges Model und Johns Ex-Frau handelt, ein neuer
Gast ein. Als John von einem seiner regelmäßigen Trinkgelage zurückkehrt,
trifft er zunächst auf Miss Cooper, die ihn, besorgt über seinen Alkoholkonsum,
zurechtweist. Im Speisesaal sieht er Ann nach fünf Jahren zum ersten Mal
wieder. Sie behauptet, dass ihr gemeinsame Freunde von Johns Notlage berichtet
hätten und sie beschlossen habe, ihm ihre finanzielle Hilfe anzubieten. Dass
John sie verbittert beschuldigt, ihn erneut zu belügen und verantwortlich für
das Scheitern ihrer Beziehung gewesen zu sein, nimmt Ann gelassen hin. Sie
erzählt ihm, dass sie glücklich verlobt sei und ihm nur alles Gute wünsche.
Als Major Pollock nervös die Abendzeitungen durchblättert
und eine bestimmte Ausgabe zu verstecken versucht, schickt die misstrauisch
gewordene Mrs. Railton-Bell ihre Tochter unter einem Vorwand auf ihr Zimmer und
durchforstet zusammen mit ihrer Freundin Lady Gladys Matheson besagte Zeitung.
Sie finden schließlich einen Artikel über einen kürzlichen Vorfall in einem
Filmtheater, bei dem Major Pollock versucht habe, eine Frau auf unanständige
Weise zu berühren. Zudem stellt sich heraus, dass Pollock kein Major, sondern
nur Leutnant war, und seine angeblichen Heldentaten während des Krieges nicht
der Wahrheit entsprechen. Mrs. Railton-Bell sieht so ihre Chance gekommen,
Pollock ein für alle Mal loszuwerden und ihn mit Hilfe des Artikels aus dem
Hotel werfen zu lassen…
Kritik:
Regisseur Delbert Mann („Marty“, „Mitten in der
Nacht“) hat das Stück von Terence Rattigan wie auf einer
Theaterbühne inszeniert und die beiden Teile um Major Pollock/Sibyl einerseits und
John Malcolm/Ann Shankland andererseits zu einem Stück zusammengeführt. Die
gesamte Handlung spielt sich nämlich in den Räumen des Hotels ab, wo schnell
deutlich wird, wer mit wem verbandelt ist, wer sich sympathisch findet und wer
wem mit Misstrauen entgegentritt. Eine besondere Dynamik entfaltet zunächst die
Beziehung zwischen der unselbstständigen Sibyl und ihrer dominanten Mutter, die
im Fall des Majors ebenfalls eine tragende Rolle spielt, wenn sie alle Hebel in
Bewegung setzt, um diesen unsittlichen Hochstapler aus dem Hotel entfernen zu
lassen. Mit Sibyl und Major Pollock haben sich hier zwei ganz unterschiedliche,
in ihrer Einsamkeit aber schicksalhaft miteinander verbundene Charaktere
gefunden, deren Liaison stärker ist, als es zunächst den Anschein hat und die
auch die Voreingenommenheit der anderen Hotelbewohner beeinflusst. Und dann ist
da natürlich noch die von alten Gefühlen geprägte Beziehung zwischen Malcolm
und Ann, die dem Drama eine leidenschaftliche Komponente verleiht.
Die differenzierten
Leistungen der Darsteller und die einnehmende Inszenierung machen „Getrennt von
Tisch und Bett“ zu einem feinfühligen Drama über Liebe, Träume, Hoffnungen und
Enttäuschungen, vor allem aber über Nächstenliebe und zweite Chancen.
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