Five Minutes of Heaven

An einem Abend des Jahres 1975 ist der 17-jährige Protestant und UVF-Aktivist Alistair Little (Mark David) mit seinen maskierten Freunden in einem gestohlenen Wagen vor das Haus der katholischen Familie Griffin gefahren und hat durch das Fenster den Bruder des elfjährigen Joe (Kevin O'Neill) erschossen, der das ganze Drama aus der direkten Nähe verfolgen musste, als er hinter dem Transporter seines Bruders Fußball spielte. Für einen Moment sahen sich der geschockte Junge und der maskierte Täter in die Augen, dann verließ Alistair den Tatort, während sich Joe fortan von seiner Mutter den Vorwurf anhören musste, seinen Bruder auf dem Gewissen zu haben, weil er nichts unternommen habe.
33 Jahre später sollen sich Täter und Opfer vor laufenden Kameras wiederbegegnen, um über ihre Gefühle, über Schuld und – vielleicht sogar - Vergebung zu reden und so jeder für sich einen Abschluss mit den grauenhaften Ereignissen von damals finden. Alistair Little (Liam Neeson) hat zwölf Jahre für seinen Mord abgesessen und doziert seitdem in aller Welt über die Schrecken und Sinnlosigkeit der Gewalt. Joe Griffin (James Nesbitt) hat zwar mittlerweile eine Familie mit zwei Kindern gegründet, ist von den damaligen Ereignissen aber noch immer traumatisiert. Er fährt zu dem alten Schloss in der ländlichen Umgebung von Belfast mit dem festen Vorsatz, Alistair Little für seine Tat mit dem Tod büßen zu lassen. Doch direkt vor dem vom Fernsehen inszenierten Wiedersehen ergreift Joe die Flucht und bestimmt selbst den Zeitpunkt und Ort des Treffens mit dem Mörder seines Bruders. Drehbuchautor Guy Hibbert hat den tatsächlichen Fall des Mordes von Alistair Little an Joe Griffins älteren Bruder als Ausgangspunkt für eine fiktive Fortsetzung genommen, in der sich Täter und Opfer nach 33 Jahren im Fernsehen wiederbegegnen sollen. Obwohl Regisseur Oliver Hirschbiegel („Das Experiment“, „Der Untergang“) zunächst viel Mühe darauf verwendet, die Vorbereitungen und die Ausübung des Attentats detailliert zu schildern, spielen in seiner Darstellung die politischen Hintergründe der blutigen Auseinandersetzungen in Nordirland zu jener Zeit keine Rolle. Ihm geht es vor allem um das psychische Befinden seiner Figuren. Dabei wird die Zeit zwischen dem Mord und dem geplanten Wiedersehen komplett ausgeblendet. 
Indem beide Männer jeweils von Chauffeuren zum angemieteten Schloss gefahren werden, wird abrupt in die Gegenwart gesprungen und schon sehr deutlich, welch unauslöschliche Spuren die Gewalteruption vor 33 Jahren bei beiden Männern hinterlassen hat. Während Alistair Little mit seinen weltweiten Vorträgen offensichtlich vergeblich auf Erlösung hofft, hilft auch Joes Familienkonstrukt nicht, um seine innerliche Leere zu füllen. Liam Neeson („Michael Collins“, „96 Hours“) und James Nesbitt („Welcome to Sarajevo“, „Bloody Sunday“) verkörpern die beiden Antagonisten mit ihrem nuancenreichen Spiel perfekt, und die Spannung steigt kontinuierlich, während sich die beiden Männer auf den Drehbeginn vorbereiten, jeder auf seine Weise, Alistair ruhig, ehrlich und sachlich, Joe eher nervös und fast schon hysterisch. 
Die Medien kommen bei dieser künstlichen Versöhnungsinszenierung nicht gut weg und erleben schließlich ein Fiasko, als die so sorgfältig geplante Zusammenkunft platzt. So einfach, wie das Fernsehen in seinen Reality- und Doku-Soaps Lösung für alle psychologische Probleme verspricht, funktioniert das im wirklichen Leben eben nicht. Neben dieser offensichtlichen Medienkritik überzeugt „Five Minutes of Heaven“ aber vor allem als stark gespieltes, psychologisch feinsinniges inszeniertes Drama über die ganz persönlichen Folgen, die der Nordirlandkonflikt heraufbeschworen hat.  

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