Die Berufung – Ihr Kampf für die Gerechtigkeit

Als Bill Clinton 1993 die Juristin Ruth Bader Ginsburg vom Bundesberufungsgericht für den District of Columbia für den Supreme Court nominierte, war Ginsburg bereits eine prominente Vorkämpferin für die Gleichbehandlung der Geschlechter. Nachdem Julie Cohen und Betsy West 2018 mit „RBG“ bereits eine Oscar-nominierte Dokumentation über die Ikone der US-amerikanischen Justiz vorgelegt hatten, zog Mimi Leder („Deep Impact“, „Projekt: Peacemaker“) noch im selben Jahr mit dem Biopic „Die Berufung – Ihr Kampf für die Gerechtigkeit“ nach.
Als Ruth Bader Ginsburg (Felicity Jones) 1956 ihr Studium der Rechtswissenschaften in Harvard aufnimmt, ist sie gerade mal eine von 9 Frauen unter 500 männlichen Kommilitonen. Immerhin werden die jungen Frauen von Dekan Griswold (Sam Waterston) und seiner Frau zu einem Begrüßungsdinner eingeladen, wo sie sich nicht nur vorstellen dürfen, sondern auch begründen sollen, warum sie einen der Plätze einnehmen, die traditionell einem Mann zugesprochen wird. Ruth lässt sich von dem offen frauenfeindlichen Gebaren auch im universitären Betrieb nicht beeindrucken und belegt sogar die Kurse ihres im zweiten Jahr studierenden Mannes Martin (Armie Hammer) mit, als bei ihm Hodenkrebs mit geringer Überlebenschance diagnostiziert wird, und kümmert sich außerdem aufopferungsvoll um ihren kranken Mann und die noch junge Tochter.
Nach seiner Genesung avanciert Martin in New York zu einem der angesehensten Steueranwälte, während Ruth trotz ihres Abschlusses als Jahrgangsbeste einfach keinen Job finden kann, weshalb sie schließlich über Gleichberechtigungsfragen zu dozieren beginnt. Erst als ihr Mann sie auf den Fall Charles Moritz (Chris Mulkey) aufmerksam macht, der sich als alleinstehender Mann um seine kranke Mutter kümmert und sich vor dem Finanzgerecht verantworten muss, weil er als Mann nicht den für (weibliche) Pflegekräfte üblichen Steuersatz geltend machen kann, sieht Ruth die einmalige Chance, die überkommenen Strukturen der Gesellschaft und die dazugehörige Rechtsprechung aufzubrechen. Dazu will sie vor allem die von Bürgerrechtsanwalt Mel Wulf (Justin Theroux) geleitete American Civil Liberties Union (ACLU) an ihrer Seite haben, doch Wulf hegt arge Bedenken, sich in einen so ausweglosen Kampf zu begeben …
Bereits in der beeindruckenden Eingangssequenz, als die zierliche und kleine Ruth Bader Ginsberg in dem Meer an Anzug-tragenden Männern auf dem Campus von Harvard unterzugehen droht, wird deutlich, wie schwer es in den 1950er Jahren noch war, als Frau in einer von Männern dominierten Berufswelt Fuß zu fassen. So war es Frauen damals nicht gestattet, Richterin oder Polizistin zu werden. Mimi Leder und Drehbuchautor Daniel Stiepleman, Neffe des 2010 verstorbenen Martin Ginsburg, halten sich nicht lange mit der Lebensgeschichte von Ruth und Martin auf, sondern setzen mit ihrer Geschichte gleich in Harvard ein, streuen plakative Momente wie das Diner beim Dekan oder eine Vorlesung, bei der Ruth‘ Wortmeldungen konsequent ignoriert werden, ein und handeln auch Martins Krebserkrankung nur kurz ab.
Bei der Anerkennung ihrer Studienzeit in Harvard und der anschließenden Berufssuche in New York macht der Film deutlich, welchen diskriminierenden Vorurteilen die hochintelligente und eloquente Ginsburg ausgesetzt wird, ehe die eigentliche Geschichte an Fahrt aufnimmt. Der Präzedenzfall, an den die Ginsburgs so große Hoffnungen hegen, ist mit einem berührenden Einzelschicksal verknüpft, das sich wunderbar in Szene setzen lässt und beispielhaft für unzählige Diskriminierungen gilt, denen amerikanische BürgerInnen durch die Rechtsprechung ausgesetzt sind. Damit die Vorbereitung zur Darlegung des Widerspruchs vor dem Berufungsgericht nicht allzu trocken ausfällt, sorgt vor allem der temperamentvolle ACLU-Vertreter Mel Wulf für unterhaltsame Höhepunkte, aber auch Armie Hammer („Lone Ranger“, „Call Me by Your Name“) sorgt mit der humorvollen Art seiner Figur für ein schönes Gegengewicht zu seiner verbissen kämpfenden Ehefrau, die von Felicity Jones („Inferno“, „Die Entdeckung der Unendlichkeit“) mit großartiger Mimik verkörpert wird. Das entscheidende Plädoyer vor den drei – natürlich männlichen – Richtern am Berufungsgericht folgt den Genre-Konventionen des Justiz-Thrillers und wartet mit vorsehbarem, da bekanntem Ende auf, dem sich im Abspann der weitere Lebenslauf der Ginsburg-Familie anschließt.
So präsentiert sich „Die Berufung – Ihr Kampf für die Gerechtigkeit“ als unterhaltsames Biopic über eine starke Frau, die maßgeblich zur Aufhebung der Diskriminierung in der US-amerikanischen Rechtsprechung beigetragen hat. Dabei kann Mimi Leder in ihrer meist konventionellen Inszenierung vor allem auf ihre großartigen Darsteller - u.a. mit Kathy Bates in einer Nebenrolle als Richterin - zählen, die das ernste Drama auch immer wieder mit humorvollen Pointen auflockern.
"Die Berufung - Ihr Kampf für Gerechtigkeit" in der IMDb

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