In the Line of Fire

Durch die auch international erfolgreichen deutschen Filmproduktionen „Das Boot“ (1981) und „Die unendliche Geschichte“ (1984) schaffte der deutsche Regisseur Wolfgang Petersen auch den Sprung nach Hollywood, doch konnte er mit „Enemy Mine – Geliebter Feind“ (1985) und „Tod im Spiegel“ (1991) noch nicht überzeugen. Erst mit dem Angebot, Jeff Maguires Drehbuch zu „In the Line of Fire – Die zweite Chance“ (1993) mit Clint Eastwood in der Hauptrolle zu verfilmen, gelang Petersen auch in Hollywood der Durchbruch. Der packende Polit-Thriller überzeugt vor allem durch das grandios gespielte Psycho-Duell zwischen Clint Eastwood und John Malkovich, der für seine Darstellung zurecht mit einer Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller belohnt wurde.
Der altgediente Secret-Service-Agent Frank Horrigan (Clint Eastwood) ist eine Legende, ist er doch der einzige Agent, der in seiner Karriere einen Präsidenten verlor. Dass er vor dreißig Jahren nicht verhindern konnte, dass John F. Kennedy bei einem Attentat getötet wurde, nagt noch immer an Horrigan, der mittlerweile nur noch in zweiter Reihe tanzt. Als er aber den Anruf eines Fremden (John Malkovich) erhält, der sich nach dem Lincoln-Attentäter Booth nennt und ankündigt, den Präsidenten zu töten, will er trotz seines hohen Alters wieder in den Personenschutz zurück, um zu verhindern, dass ein zweiter Präsident während Horrigans Dienstzeit getötet wird. Booth fordert den alternden Agenten zum Duell heraus und zeigt sich als raffinierter Stratege. Er versteht es nicht nur, die Telefonanrufe an Horrigan zu manipulieren, so dass er nicht lokalisiert werden kann, sondern sich auch immer wieder so zu verkleiden, dass er selbst nach mehrfach modulierten Fahndungsfotos nicht identifiziert werden kann. Da der Präsident (Jim Curley) gerade an Beliebtheit verliert, zieht er ein straffes Wahlkampfprogramm durch, das den Secret Service unter Leitung des jungen Bill Watts (Gary Cole) ordentlich auf Trab hält, vor allem den erkälteten Horrigan und seine Kollegen Al D’Andrea (Dylan McDermott) und Lilly Raines (Rene Russo), denn Booth scheint den Agenten stets einen Schritt voraus zu sein …
Jeff Apple war einst so fasziniert davon, wie Secret-Service-Agenten den damaligen Präsidenten Lyndon B. Johnson in seiner Wagenkolonne schützten, dass er zwanzig Jahre später, als er ein erfolgreicher Film- und Fernsehproduzent war, für einen Kinofilm über den Secret Service zu recherchieren begann. Jeff Maguire („Timeline“, „Spiel auf Bewährung“) wurde mit einem Drehbuch beauftragt, Clint Eastwood die Rolle des Frank Horrigan angeboten. 
Eastwood verkörpert wie immer überzeugend einen gebrochenen Mann, den seine Frau verlassen hat und der noch immer damit zu kämpfen hat, Kennedy damals nicht das Leben gerettet zu haben, indem er nach dem ersten Schuss Kennedys Körper mit seinem eigenen abschirmte. Auch wenn er Bürokraten wie Watts hasst, liebt er seinen Job und das Klavierspielen, mit dem er auch seine junge und attraktive Kollegin Raines zu betören vermag. Doch wie sein Widersacher wurde auch er vom System ausgemustert, nach der Pleite bei Kennedys Ermordung einen Monat lang suspendiert und dann vom Personenschutz abgezogen. Michael Leary – so Booth‘ bürgerlicher Name – wiederum gehörte einst einer Spezialeinheit an, der im Namen der Regierung Attentate verübte und schließlich ausgemustert wurde, weshalb er sich rächen will, indem er den Präsidenten tötet. Das Katz- und Maus-Spiel zwischen Horrigan und dem bewundernswert wandlungsfähigen Leary entwickelt sich von Beginn an zum spannungstreibenden Moment. Die eigentlich wichtigste Person, der Präsident, bietet mit seinen Wahlkampfauftritten nur die Bühne für das Duell zwischen dessen Beschützer und dessen Attentäter, ansonsten bleibt die Figur des Präsidenten blass. Als Leary Horrigan fragt, ob er sich für diesen Präsidenten in eine Kugel werfen würde, müsste er das eigentlich verneinen, denn das Land wird offenbar von einem Mann ohne Charisma regiert, die Wahlveranstaltungen geraten zu einer kunterbunten Las-Vegas-Show. Aber da Horrigan seinen Job ernst nimmt, ist er natürlich für jeden Präsidenten zu dieser Selbstaufopferung bereit.
Zwar weist das Drehbuch auch einige Schwächen auf, und Dylan McDermott („Practice – Die Anwälte“, „Olympus Has Fallen“) macht eine unglückliche Figur als Horrigans junger Partner, aber davon abgesehen wartet „In the Line of Fire“ mit einer straffen Inszenierung, für die auch der Oscar-nominierte Schnitt von Anne V. Coates („Der goldene Kompass“, „Lawrence von Arabien“) verantwortlich ist, zwei überragenden Hauptdarstellern und einem stimmungsvollen Score von Altmeister Ennio Morricone auf.
"In the Line of Fire" in der IMDb

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