12 Uhr mittags

Das Timing könnte nicht schlechter sein: Gerade hat der sich um die Kleinstadt Hadleyville verdient gemachte Sheriff Will Kane (Gary Cooper) seiner jungen wie hübschen Braut Amy (Grace Kelly) das Ja-Wort gegeben und seinen Sheriffstern abgegeben, da erreicht ihn die Nachricht, dass der verurteilte Mörder Frank Miller (Ian MacDonald) begnadigt worden ist und sich auf dem Weg in seine Heimatstadt befindet, wo er um 12 Uhr mit dem Zug eintreffen wird. Sein Bruder Ben (Sheb Wooley) und die beiden Ganoven Jack Colby (Lee van Cleef) und Pierce (Robert J. Wilke) nehmen ihn am Bahnhof in Empfang. 
Die Stadt ist in heller Aufregung, denn jeder weiß, dass Frank nur nach Hadleyville zurückkehrt, um sein Versprechen einzulösen und Will zu töten. Will nimmt den Rat seiner Freunde zunächst an und flüchtet mit seiner Frau aus der Stadt, doch dann plagt ihn das Gewissen, und er kehrt um. Seine Bemühungen, Hilfspolizisten anzuheuern, um Frank und seine Kameraden in Schach zu halten, schlagen allerdings fürchterlich fehl. Niemand ist daran interessiert, sich über den Haufen schießen zu lassen. Doch Will denkt nicht daran zu kneifen und stellt sich schließlich allein den vier rachsüchtigen Männern gegenüber. 
Fred Zinnemann („Verdammt in alle Ewigkeit“, „Der alte Mann und das Meer“, „Geschichte einer Nonne“, „Der Schakal“) hat mit „High Noon - 12 Uhr mittags“ einen außergewöhnlichen Western geschaffen, der in Echtzeit die 85 Minuten von dem Moment an abhandelt, in dem die Nachricht von der Begnadigung Millers die Stadt erreicht, bis zum Showdown in den menschenleeren Straßen. Es ist die Geschichte eines Mannes, der als verantwortungsvoller Marshall die Stadt von ihren üblen Elementen befreit und so für Sicherheit und schließlich Wohlstand in der Stadt gesorgt hat. Doch die Bewohner der Stadt danken es ihm nicht - zumindest nicht in Taten. Am eindrucksvollsten offenbart sich das in der Diskussion in der Kirche, wo Kane den Gottesdienst unterbricht, um Unterstützung zu erbitten. Hier dankt ihm Bürgermeister Henderson (Thomas Mitchell) lautstark und in warmen Worten für seine Verdienste für die Stadt, doch letztlich rät er ihm, die Stadt zu verlassen. Jeder, den Kane um Hilfe bittet, lässt ihn im Stich. Selbst seine Frau Amy will mit dem Mittagszug die Stadt verlassen. Doch während einige die Stadt verlassen, bleibt Kane bis zum bitteren Ende, um seine Pflicht zu erfüllen, wohl wissend, dass es seinen eigenen Tod bedeuten könnte. 
Einsam, verraten und verbittert nimmt Kane den ungleichen Kampf auf. Gary Cooper wurde 1952 zu Recht mit einem Oscar für seine überragende Darstellung des verzweifelten, aber tapferen Sheriffs geehrt, ebenso Dimitri Tiomkin für den berühmten Titelsong und den spartanischen wie spannenden Score. Obwohl Zinnemann mit den typischen Western-Motiven wie dem einsamen Marshall, den skrupellosen Killern und der feigen Stadtbevölkerung spielte, ist „12 Uhr mittags“ ein packendes Plädoyer für Ehre, Mut und Verantwortung geworden.  

Kommentare

Beliebte Posts