Let Me In

Über den Sinn und Unsinn von Hollywood-Remakes erfolgreicher asiatischer und europäischer Filme lässt sich immer wieder vortrefflich streiten. Bemerkenswert ist jedenfalls, dass in jüngster Zeit gleich zwei Remakes von skandinavischen Hits mehr als gelungen sind - David Finchers "The Girl With The Dragon Tattoo" und Matt Reeves' "Let Me In", mit der die literarische Vorlage "So finster die Nacht" von John Ajvide Lindqvist ein zweites Mal für die Leinwand adaptiert wurde. 
Anfang der 80er wird in Los Alamos, New Mexico, ein Mann mit fürchterlichen Säure-Verbrennungen ins Krankenhaus eingeliefert, der sich gerade aus dessen zehnten Stock stürzt, als die Schwester am Empfang dem ermittelnden Polizeibeamten mitteilt, dass ein junges Mädchen nach dem noch nicht identifizierten Mann gefragt hat. Erst wenige Tage vorher Abby (Chloe Moretz) in die Nachbarschaft des ebenfalls zwölfjährigen schüchternen Owen (Kodi Smit-McPhee) gezogen. Obwohl Abby deutlich macht, dass Owen nicht mit ihr befreundet sein kann, verbringt der in der Schule verspottete Junge abends viel Zeit mit ihr. Doch als er einen Blutpakt mit ihr schließen will, enthüllt Abby ihre vampirische Natur.  Owen zeigt sich jedoch nur vorübergehend irritiert und hält an der außergewöhnlichen Freundschaft fest, weil er auch etwas mehr für sie zu empfinden beginnt. 
Tomas Alfredson hat die literarische Vorlage der frühjugendlichen Vampirromanze "So finster die Nacht" des schwedischen Bestseller-Autors Lindqvist so atmosphärisch dicht und gefühlvoll inszeniert, dass der in ungewöhnlich leisen Tönen realisierte Film zu Recht zu den Highlights des jüngeren Horror-Kinos zählte. Daher überrascht auf positive Weise die amerikanische Adaption des Stoffes, weil "Cloverfield"-Regisseur Matt Reeves nicht den Fehler macht, seine Version mit mehr Blut und Action zu versehen, sondern sich stattdessen ganz auf die zunächst etwas merkwürdig anmutende, zunehmend aber intensivere, nuancenreiche Freundschaft zwischen den beiden Heranwachsenden konzentriert. 
Mit den beiden großartigen Jungdarstellern hat Reeves eine ebenso vortreffliche Wahl getroffen wie mit Richard Jenkins ("Schnee, der auf Zedern fällt", "Six Feet Under") als melancholischen Weggefährten des geheimnisvollen Mädchens. Die brillante Kameraarbeit von Greig Fraser ("The Boys Are Back") und der einfühlsame Score von Michael Giacchino ("Ratatouille", "Super 8") sorgen dabei für die handwerklichen Highlights des Films, der mit wenig Blut und explizitem Horror auskommt, dafür mit feiner Charakterzeichnung, coolen Songs aus den 80ern und unterschwelliger Spannung brilliert. 

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