Fliegende Liebende

Ein neues Werk des spanischen Kultregisseurs Pedro Almodóvar ist für seine leidenschaftlichen Fans meist ein äußerst sinnliches, manchmal groteskes, immer wieder auch dramatisches Vergnügen. Dies scheint dem Publikum auch bei seinem neuen Film „Fliegende Liebende“ geboten zu werden, wenn gleich in der ersten Szene auf dem Flughafen das Bodenpersonal-Pärchen (Antonio Banderas und Penélope Cruz) ihre bevorstehende Elternschaft feiern und dabei leider die Bremsklötze beim Start eines Flugzeugs vergessen.
Was folgt, spielt sich ausschließlich über den Wolken ab. Doch das Spektakel, das sich aus der Notlage ergibt, den Passagieren mitteilen zu müssen, dass eine Notlandung bevorsteht, sorgt nur phasenweise für herzhafte Lacher. Als die Piloten Benito (Hugo Silva) und Alex (Antonio de la Torre) feststellen, dass sich ein Fahrwerk des Peninsula-Fluges 2549 nicht ausfahren lässt, werden die Passagiere freundlich auf die Panne hingewiesen, Sorgen müsse man sich allerdings nicht machen. Die Chef-Stewards Joserra (Javier Cámara), Fajas (Carlos Areces) und Ulloa (Raúl Arévalo) haben die Reisenden in der Economy Class ohnehin schon mit Beruhigungsmitteln im Tomatensaft in Schlaf versetzt, in der Business Class sorgen die verabreichten Mittelchen aber für eher hemmungslose (auch homo)erotische Aktivitäten.
Dabei hat schon das jungfräuliche Medium Bruna (Lola Dueñas) vor dem Flug gespürt, dass etwas Ungewöhnliches in der Luft liegt. Während des Katastrophenfluges verliert nicht nur Bruna ihre Unschuld, auch die Piloten und Stewards diskutieren angeregt über ihre sexuellen Neigungen, Praktiken und (Wunsch-)Partner. Die bevorstehende Notlandung wird dabei so ziemlich verdrängt … Pedro Almodóvar („Sprich mit ihr“, „Volver“) hat sich für seine neue Komödie ein ungewöhnliches Setting ausgesucht. Das Flugzeug, das über den Wolken angesichts der angekündigten Notlandung für die Passagiere eine durchaus reale Todesfalle darstellt, wird hier nicht etwa zu einem Gefängnis, in dem sich verständliche Todesängste potenzieren, sondern zu einer schrillen Bühne für tuntige Tanzaufführungen (zum etwas abgeschmackten Disco-Klassiker „I’m So Excited“ von den Pointer Sisters), mannigfaltige Liebesbekenntnisse und Spielplatz für sexuelle Aktivitäten. Dabei schießt der passionierte Filmemacher aber auch öfter mal über das Ziel hinaus und lässt sein durchaus engagiertes Darsteller-Ensemble stellenweise von einer flachen Pointe in die nächste stolpern.
Für ausgefeilte Figurenzeichnung ist da leider wenig Platz. Offenbar wollte Almodóvar nach seinen letzten etwas dramatischeren Stoffen („Die Haut, in der ich wohne“, „Zerrissene Umarmungen“) zur Abwechslung mal eine völlig sinnfreie Komödie abliefern. Das ist manchmal ganz der typische und erfrischende Almodóvar, wie ihn seine Fans lieben, oft aber leicht überdrehter Erotik-Klamauk, dem man wenig mehr als ein müdes Lächeln abgewinnen kann.
"Fliegende Liebende" in der IMDb

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