Quartett

Es ist kein allzu neues Phänomen, dass Schauspieler irgendwann auch mal hinter der Kamera ihr Glück versuchen, oft sogar sehr erfolgreich, wie Ron Howard („Apollo 13“, „A Beautiful Mind“), George Clooney („Good Night, and Good Luck“, „The Ides Of March“), Clint Eastwood („Mystic River“, „Blood Word“), Kevin Costner („Der mit dem Wolf tanzt“, „Open Range“) oder Robert Redford („Der Pferdeflüsterer“, „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“) vielfach bewiesen haben. Nun legt auch Oscar-Preisträger Dustin Hoffman („Die Reifeprüfung“, „Rain Man“) im stattlichen Alter von 75 Jahren mit „Quartett“ ein Regie-Debüt vor, das sich vor allem den schönen Seiten des Alterns widmet.
In der idyllisch gelegenen, herrschaftlich aussehenden und komfortabel eingerichteten Seniorenresidenz Beecham House geht es turbulent zu. Noch nie zuvor war der von privaten Zuwendungen finanzierte Altersruhesitz für Musiker so von der Schließung bedroht wie vor der anstehenden Gala, die jedes Jahr zu Ehren von Giuseppe Verdis Geburtstag gefeiert wird. Von der Höhe der Einnahmen bei der diesjährigen Veranstaltung hängt also die Zukunft von Beecham House ab. Da kommt die Erkrankung eines der fest eingeplanten Akteure mehr als unpassend. Während sich der Krisenrat um den herrischen Cedric Livingston (Michael Gambon) um alternative Stücke bemüht, erwartet das Haus die Ankunft von Jean Horton (Maggie Smith). Pikanterweise war die einst berühmte Opernsängerin für kurze Zeit mit Reginald (Tom Courtenay) verheiratet, der es bis heute nicht verwunden hat, wegen eines anderen Mannes verlassen worden zu sein. Zwar reagiert er anfangs erbost über diese Neuigkeit, doch in Anbetracht der Existenznöte von Beecham House wollen Cissy (Pauline Collins), Reginald und Wilfred (Billy Connolly) den Neuankömmling mit einspannen, als Quartett ein Stück aus Verdis berühmtem „Rigoletto“ zu singen.
Bereits 1978 hat Dustin Hoffman sich bei „Stunde der Bewährung“ hinter der Kamera versucht, doch bei der Doppelbelastung als Schauspieler und Regisseur die Regie schließlich an Ulu Grosbard abgegeben. Gut 35 Jahre später hat sich Hoffman auf die Rolle hinter der Kamera beschränkt und mit einem großartigen britischen Darsteller-Ensemble Ronald Harwoods Theaterstück „Quartett“ für die große Leinwand adaptiert. Dank der sympathischen Figurenzeichnung dürfen Reggie, Wilf und Co. all ihre kleinen Macken und Fehler, die sich im Alter ausgebildet haben, auf erfrischende Weise zur Schau stellen. Zwar wird der Zuschauer von Beginn an von der warmherzigen Atmosphäre im musikalischen Beecham House eingenommen, aber der Film macht auch keinen Hehl daraus, dass mit dem Alter auch Verlust, Krankheit und Trauer einhergehen, Erinnerungen, die zu verblassen drohen, Erinnerungen an glorreiche Momente und herzbrechende Fehler.
Hoffman versteht es souverän, in herbstwarmen, ruhigen Bildern die besonderen Herausforderungen des Älterwerdens zu thematisieren, wobei letztlich die Freude am gemeinsamen Musizieren den Sieg davonträgt über den Schmerz viel zu früh beendeter Ehen, Anflügen von Gedächtnisverlust und schmerzhaften Hüften.
„Quartett“ ist eine äußerst warmherzige, nie zu kitschige Komödie, die das Leben auch im Alter feiert.
"Quartett" in der IMDb

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