The Place Beyond the Pines

Seit seinem Regiedebüt „Brother Tied“ (1998) hat sich Derek Cianfrance vor allem mit Dokumentarfilmen fürs Fernsehen beschäftigt, ehe er 2010 mit dem eindringlichen Drama „Blue Valentine“ den Durchbruch in Hollywood feiern durfte. Nun legt er mit dem komplexen Thriller-Drama „The Place Beyond the Pines“ eindrucksvoll nach und begeistert erneut durch eine vielschichtige Figurenzeichnung und interessante Erzählweise.
Der mit dem Jahrmarkt durch die Lande ziehende Motorradstuntman Luke (Ryan Gosling) trifft an seinem aktuellen Standort Romina (Eva Mendes) wieder, zu der er nach einem One-Night-Stand keinen Kontakt mehr hatte. Als er sie tags darauf zuhause besucht, bekommt er zufällig mit, dass er der Vater von einem knapp einjährigen Sohn ist. Weil er sich um seinen unverhofften Sprössling kümmern möchte, schmeißt er den Stuntman-Job hin und kommt bei dem Automechaniker Robin (Ben Mendelsohn) unter, wo er aber natürlich auch nicht genug Geld verdient, um seine Absicht auch in die Tat umsetzen zu können. Also beginnt er mit Robin Banken auszurauben, was so einträglich ist, dass Luke immer öfter und riskanter zu Werke geht. Schließlich ist ihm die Polizei auf den Fersen. Als der Streifenpolizist Avery Cross (Bradley Cooper) die Verfolgung aufnimmt, kreuzen sich die Wege der beiden Männer auf einschneidende Weise. Der Vorfall macht Cross zum Helden und katapultiert ihn auf der Karriereleiter nach ganz oben, zerrüttet aber die Beziehung zu seiner Frau (Rose Byrne). Als sich Lukes und Averys Söhne (Dane DeHaan, Emory Cohen) Jahre später begegnen, wird auch ihr Leben entscheidend beeinflusst.
Was Drehbuchautor und Regisseur Derek Cianfrance mit dem 140-minütigen Thriller-Drama „The Place Beyond the Pines“ präsentiert, ist ganz einfach großes Kino. Kühn erzählt er drei in sich abgeschlossene Episoden, die zwar miteinander verbunden sind, aber ganz abrupt von einer Erzählperspektive in die nächste wechseln. In der ersten Episode wird in zunächst schillernden Farben die grellbunte Jahrmarktsatmosphäre eingeführt, in der sich der coole Stuntman Luke bewegt. Dass hinter dieser Coolness aber ein weiches Herz steckt, beweist er, sobald er von der Existenz seines einjährigen Sohnes erfährt und ein neues Leben beginnt, das von zärtlicher Fürsorge geprägt ist. Ryan Gosling („Drive“, „The Ides of March“) verkörpert seine Rolle mit der richtigen Mischung aus abgeklärter Coolness, melancholischer Rührung und draufgängerischem Tatendrang. Obwohl ihm die fehlenden finanziellen Mittel und Rominas neuer Lebenspartner im Wege stehen, lässt er nichts unversucht, Zeit mit seiner neuen Familie zu verbringen.
Das Gangster-Drama entwickelt sich schließlich zu einem Thriller-Drama, in dem „Hangover“-Star Bradley Cooper einen einfachen Streifenpolizisten spielt, der mit seinem Jura-Studium leicht in die Fußstapfen seines wohlsituierten Vaters hätte treten können. Im Gegensatz zu Luke liegt Avery allerdings kaum etwas an seiner Familie, weshalb er seine Karriere (erfolgreich) vorantreibt. Dass die beiden unter so unterschiedlichen Voraussetzungen aufgewachsenen Söhne von Avery und Luke eine explosive Mischung ergeben, mag abzusehen sein. Es erweist sich als raffinierter Kniff, dass Cianfrance die drei Episoden, die jede für sich einen Spielfilm füllen würden, mit teils extremen Zeitsprüngen ausstattet und die Geschichten aufs Wesentliche reduziert.
Am Ende ist es einfach interessant herauszufinden, wie ein einzelnes Ereignis das Leben von Menschen nachfolgender Generationen prägt. „The Place Beyond the Pines“ besticht auch formal durch die elegante Kameraarbeit von Sean Bobbitt („Wonderland“, „Byzantium“) und den zurückhaltenden Score von Faith-No-More-Frontmann Mike Patton („Crank 2“, „Die Einsamkeit der Primzahlen“). Damit dürfte sich Cianfrance endgültig in Hollywood als ernstzunehmender Filmemacher mit eigener Handschrift etabliert haben.
"The Place Beyond the Pines" in der IMDb

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