Die seltsame Liebe der Martha Ivers

Lewis Milestone ist bereits zweimal mit einem Oscar für seine Regiearbeiten an „Schlachtenbummler“ (1927) und „Im Westen nichts Neues“ (1930) ausgezeichnet worden und hat eine weitere Nominierung für „The Front Page“ (1931) erhalten, ehe er nach vielen weiteren populären Werken wie „Der General starb im Morgengrauen“ (1936), „Von Mäusen und Menschen“ (1939) und „Glückspilze“ (1940) im Jahr 1945 das Noir-Drama „Die seltsame Liebe der Martha Ivers“ mit Kirk Douglas an der Seite von Barbara Stanwyck in seiner ersten Filmrolle inszenierte. 

Inhalt:

Iverstown im Jahr 1928. Die 13-jährige Martha (Janis Wilson) hat genug von ihrer tyrannischen Tante Mrs. Ivers (Judith Anderson) und plant, mit ihrem Freund Sam Masterson (Daryl Hickman) zum wiederholten Male die Stadt zu verlassen, diesmal mit dem Zug, der den Zirkus aus der Stadt bringt. Doch die Polizei spürt die beiden Teenager noch im Eisenbahnwaggon, in dem sie sich mit Marthas kleinem Kätzchen versteckt halten, auf und bringen das rebellische Mädchen zurück ins Internat ihrer Tante, während Sam die Flucht vor den Polizisten gelingt. Bei der Rückführung des ausgerissenen Martha durch den Detective Lundeen (Tom Dillon) macht der Internatslehrer Mr. O’Neil (Roman Bohnen) die Hausherrin darauf aufmerksam, dass sein Sohn Walter (Mickey Kuhn) mit seinen Hinweisen maßgeblich für das Auffinden von Mrs. Ivers‘ Nichte verantwortlich gewesen sei, doch seiner Hoffnung, dass Walter ja eine Universitätsausbildung in Harvard genießen könnte, erteilt die strenge Dame in Hinblick auf die Finanzierung durch sie gleich eine Absage. Und auch Martha muss sich anhören, dass ihr Vater (Mr. Smith) ein Nichtsnutz gewesen sei, den Marthas Mutter törichterweise geheiratet habe. Martha macht aus ihrem Abscheu davor, dass sie den Namen Ivers tragen muss, keinen Hehl und droht sogar, sich umzubringen. Stattdessen stirbt die verhasste Tante, als Martha beobachtet, wie Mrs. Ivers ihr Kätzchen auf der Treppe totschlägt. Daraufhin entreißt Martha im Beisein von Walter der Tante den Stock und erschlägt sie. Sam, der sich ebenfalls im Haus aufhält, weil er Martha abholen wollte, bekommt von dieser tödlichen Konfrontation allerdings nichts mit. Walter bestätigt gegenüber seinem Vater Marthas Aussage, dass ein fremder Mann ins Haus gekommen sei und Mrs. Ivers getötet habe. Mr. O’Neil kommt diese Fügung gerade recht, denn durch eine Liaison zwischen seinem Sohn und der mutmaßlichen Erbin des Ivers-Vermögens lassen sich die Harvard-Träume vielleicht doch noch erfüllen … 

18 Jahre später sind Martha (nun: Barbara Stanwyck) und Walter (nun: Kirk Douglas) miteinander verheiratet. Martha ist eine tüchtige Unternehmerin geworden, Walter ein erfolgreicher, aber alkoholsüchtiger Staatsanwalt, dessen Wiederwahl ansteht. Zufällig zieht es Sam Masterson (nun: Van Heflin) in seine Heimatstadt zurück – wenn auch nur auf der Durchreise. Der Berufsspieler-Glücksspieler muss nach einem Autounfall in der Stadt verweilen und macht zunächst die Bekanntschaft von Toni Marachek (Lizabeth Scott), die nach ihrem Gefängnisaufenthalt ihre Sachen aus einer Frauen-Pension abholt. Die beiden verbringen einen vergnüglichen Abend miteinander und schließlich auch die Nacht in einem Hotelzimmer. Als sie aber gegen ihre Bewährungsauflagen verstößt, muss Walter den Fall verhandelt, weshalb Sam ein gutes Wort für sie bei ihm einlegen will. Dabei begegnet er auch Martha wieder … 

Kritik:

Nach der Oscar-nominierten Originalgeschichte von John Patrick („Verdammt sind sie alle“, „Die oberen Zehntausend“), dessen Story von Robert Rossen („Alexander der Große“, „Haie der Großstadt“) in ein Drehbuch gegossen wurde, hat Lewis Milestone mit „Die seltsame Liebe der Martha Ivers“ einen vielschichtigen, wenn auch weithin unbekannten Film noir kreiert, der vor allem durch die komplexen Beziehungen der vier Hauptcharaktere untereinander dominiert wird. Dabei hat Sam Masterson sich nicht nur zwischen zwei ganz unterschiedlichen und geheimnisvollen Frauen zu entscheiden, sondern jede der vier Figuren handelt nach einer eigenen Agenda und knüpft die Beziehungen, die für das Erreichen der persönlichen Ziele sinnvoll erscheinen. 

Eine moralische Komponente kommt durch die Tatsache ins Spiel, dass für den Mord an Mrs. Ivers ein Unschuldiger zum Tode verurteilt worden ist, wofür Martha und Walter gleichermaßen verantwortlich gewesen sind. Durch die wechselseitigen Abhängigkeiten und die erst nach und nach offenbarten Hintergründe für das Handeln jedes Einzelnen hält das Krimi-Drama seine Spannung immer aufrecht. Die wunderbaren Darstellungen von Kirk Douglas („Spartacus“, „Die Wikinger“) und Lizabeth Scott („Der blonde Tiger“, „Späte Sühne“) in ihren ersten Filmrollen sowie von Barbara Stanwyck und Van Helfin, die das Quartett vervollständigen, die souveräne Inszenierung und der dramatische Score von Miklós Rózsa („El Cid“, „Julius Caesar“) machen „Die seltsame Liebe der Martha Ivers“ zu einem kleinen Juwel des Film-noir-Genres. 

"Die seltsame Liebe der Martha Ivers" in der IMDb

Kommentare

Beliebte Posts