Bombshell - Das Ende des Schweigens
Seit im Oktober 2017 bekannt geworden ist, dass der einflussreiche Filmproduzent Harvey Weinstein offensichtlich mehrere Frauen sexuell belästigt haben soll und damit eine weitreichende Debatte in Gang setzte, die unter dem Hashtag #MeToo um die Welt ging, hat auch Hollywood selbst das Thema aufgegriffen, dem Weinstein-Skandal am ähnlichsten vor allem in Jay Roachs „Bombshell – Das Ende des Schweigens“. Hier wird der tatsächliche Fall um den mächtigen Fox-News-Gründer Roger Ailes aufgegriffen, der jahrelang sexuelle Gefälligkeiten von jungen Frauen im Gegenzug zur Förderung ihrer Karriere eingefordert hat.
Inhalt:
Gretchen Carlson (Nicole Kidman) war einst eine der führenden Moderatorinnen bei Fox News. Mittlerweile ist sie ins Nachmittagsprogramm abgeschoben worden, wenig später wird sie sogar gefeuert. Im Juli 2016 reicht sie schließlich Klage gegen ihren ehemaligen Chef Roger Ailes (John Lithgow) ein, der sie über Jahre hinweg sexuell belästigt haben soll. Doch die Klage hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn sich auch andere Frauen diesbezüglich melden. Aussichtsreichste Kandidatin hierfür scheint Megyn Kelly (Charlize Theron), die in einer Sendung den Präsidentschaftskandidaten Donald Trump mit seinen frauenfeindlichen Aussagen konfrontierte und damit eine heftige Debatte auch innerhalb des Senders ausgelöst hat. Zwar bescherte Kellys mutiges Vorgehen dem Sender hohe Einschaltquoten, doch der Trump mehr als freundlich gesinnte Medienmogul Rupert Murdoch (Malcolm McDowell) und sein erfolgreicher Fox-News-Chef Ailes können andererseits so forsche Angriffe gegen ihren Lieblings-Kandidaten nicht dauerhaft tolerieren. Insofern hat Kelly einen derben Shitshorm in den sozialen Medien zu verkraften, der bis in ihre Familie hineinreicht. Doch Kelly bleibt ungewöhnlich still in der Klagesache gegen Ailes. Aktuell hat vor allem die junge News-Produzentin Kayla Pospisil (Margot Robbie) unter Ailes‘ schamlosen Verhalten zu leiden. Allerdings treibt sie die Sorge um ihre Karriere um, wenn sie sich der Klage anschließt. Ebenso wie ihre lesbische und demokratisch gesinnte Freundin und Kollegin Jess Carr (Kate McKinnon) glauben viele der bei Fox arbeitenden Medienleute, dass sie woanders keinen Job finden würden …
Kritik:
Charles Randolph hat bereits mit seinem Drehbuch zum ebenfalls auf wahren Begebenheiten beruhenden Finanzdrama „The Big Short“ (2015) bewiesen, dass er aktuelle und hochbrisante Themen in anschauliche Hollywood-Kost verpacken kann, die das Mainstream-Publikum nicht verschreckt, aber genügend profunde Inhalte zu transportieren versteht, die die oft komplexen Hintergründe nachvollziehbar machen. Das ist ihm auch bei „Bombshell – Das Ende des Schweigens“ gelungen. Unter der Regie des vor allem für Komödien wie „Austin Powers – Spion in geheimer Missionarsstellung“, „Meine Braut, ihr Vater und ich“ und „Dinner für Spinner“ bekannten Jay Roach zeigen vor allem die drei Top-Darstellerinnen Nicole Kidman (als teilweise ungeschminkte, sehr taffe Anklageinitiatorin), die kaum wiederzuerkennende Charlize Theron als forsche Moderatorin und Margot Robbie als News-Produzentin, die unbedingt vor die Kamera will, Oscar-würdige Leistungen. Dabei spricht Therons Figur den Zuschauer gleich zu Beginn direkt an und führt ihn durch die verschiedenen Ebenen des Fox-Towers, wobei sich die in engen Kabinen zusammengedrängten Journalisten schon darüber freuen, dass seit mehreren Wochen keine Ratten mehr in ihrem Großraumbüro gesichtet wurden. Nach dieser geschickt inszenierten direkten Einbeziehung des Publikums in die Struktur des mächtigen Senders verteilt sich das Geschehen wechselweise auf die drei Protagonistinnen. Von dem ersten Treffen mit ihren Anwälten bleibt vor allem der von Carlton zitierte Ausspruch „Wenn du nach vorne kommen willst, dann mach’s mit dem Mund“ von Ailes im Gedächtnis hängen, aber erst bei Kaylas Vorstellung in Ailes‘ Büro wird man tatsächlich Zeuge davon, welche Grenzen der News-Chef im Umgang mit seinen Moderatorinnen überschreitet.
Die Szene, in der Kayla dann ihren Rock so hoch ziehen muss, bis ihr Unterhöschen zu sehen ist, reicht auch aus, um sich das weitere Ausmaß von Ailes‘ schmierigen Machtmissbrauchs vorzustellen. „Bombshell“ bezieht seine Spannung nur lapidar aus der Frage, ob sich noch andere Frauen zu diesem Vorgehen gemeldet haben, denn ohne diese Komponente wäre der Fall nie öffentlich geworden. Leider verliert sich Roach in seiner Inszenierung zu sehr in den wechselnden Erzählperspektiven, um das Publikum dauerhaft fesseln zu können. Aber als massentaugliche Thematisierung des aufwühlenden und nach wie vor brisanten Themas, wie weit a) Frauen gehen wollen/müssen, um beruflich voranzukommen, und b) Männer ihre Machtpositionen ausnutzen, stellt „Bombshell“ durchaus einen wichtigen Beitrag dar. Neben den drei Protagonistinnen überzeugt übrigens auch John Lithgow („The Accountant“, „Perry Mason“) in der undankbaren Rolle als fetter, an den Rollator gefesselter und doch lüsterner Fox-News-Chef, der am Ende nicht mal mehr von Rupert Murdoch ehrenhaft verabschiedet wird.
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