Der grauenvolle Mr. X
Nachdem Roger Corman mit „Die Verfluchten“ (1960), „Das Pendel des Todes“ (1961) und „Lebendig begraben“ (1962) in schneller Folge drei atmosphärisch stimmige Verfilmungen von Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen in Spielfilmlänge produziert und inszeniert hatte, vereinte er mit seinem nächsten Film der erfolgreichen Reihe gleich drei Episoden, die sehr frei auf Geschichten des Meisters des Makabren basieren. Dabei ist Cormans beliebter Poe-Hauptdarsteller Vincent Price in allen drei Episoden von „Der grauenvolle Mr. X“ (später auch „Schwarze Geschichten“) zu sehen, wobei er in zwei Geschichten von Peter Lorre und Basil Rathbone unterstützt wird.
Inhalt:
In der ersten Episode „Morella“ besucht die sterbenskranke Lenora Locke (Maggie Pierce) aus Boston ihren Vater (Vincent Price), der seine Tochter nach ihrer Geburt verstoßen hat, da er sie für den Tod seiner geliebten Morella (Leona Gage) verantwortlich gemacht hat, weil sie kurz nach der Entbindung verstorben ist und auf ihrem Totenbett noch ihre Tochter für ihr eigenes qualvolles Ende verdammte. Ebenso wie Locke ist auch sein Anwesen total verwahrlost. Der meist betrunkene und schwermütige Mann taut erst etwas auf, als er von dem traurigen Schicksal seiner Tochter erfährt. Doch gerade als Vater und Tochter sich einander annähern, erwacht Morellas Geist zum Leben und bringt Lenora aus Rache für ihren Kindbett-Tod um. Zuvor musste Lenora mit Schrecken feststellen, dass ihr unglückseliger Vater Morella nicht mal beerdigt hatte, sondern auf ihrem Totenbett verrotten ließ. Durch Lenoras Tod erblüht Morella wieder in vertrauter Schönheit …
„Die schwarze Katze“ handelt vor allem von dem trinksüchtigen Montresor Herringbone (Peter Lorre), der seiner ungeliebten Gattin Annabel (Joyce Jameson) und ihrem schwarzen Kater zu entfliehen versucht, indem er sich rund um die Uhr im Wirtshaus betrinkt. Wenn das Geld seiner Frau nicht ausreicht, bettelt er auch schon mal auf den Straßen. Als er im Schaufenster den Hinweis auf eine Weinprobe entdeckt, betritt er leutselig die illustre Runde und fordert den prominenten wie blasierten Weinexperten Fortunato Luchresi (Vincent Price) zum Duell heraus. Im Gegensatz zu den anerkannten Mechanismen der Weinprobe kippt Herringbone den zu bestimmenden Wein einfach in seinen Rachen, um dann aber erstaunlicherweise ebenso gut den edlen Tropfen zu identifizieren. Luchresi freundet sich mit dem unkonventionellen Weinkenner an und lernt beim gemeinsamen Abendessen auch Annabel kennen, mit der eine Affäre beginnt. Als der betrogene Gatte hinter diesen Betrug kommt, beschließt er, die beiden Ehebrecher in seinem Keller lebendig einzumauern, doch unterläuft ihm dabei ein verhängnisvoller Fehler …
In „Der Fall Valdemar“ sucht Valdemar (Vincent Price) den bekannten Hypnotiseur Carmichael (Basil Rathbone) auf, von dem Abhilfe bei seiner schweren und schmerzhaften Erkrankung erhofft. Doch indem der Hexenmeister seinen Patienten in einen tranceartigen Schwebezustand zwischen Leben und Tod versetzt, nutzt Carmichael den Dämmerzustand seines Opfers aus, um sich an dessen hübscher Frau Helene (Debra Paget) heranzumachen. Valdemar mobilisiert in seinem halb komatösen Zustand seine letzten Kräfte, um Carmichael in seine Schranken zu weisen …
Kritik:
Corman bleibt dem Erfolgsrezept seiner vorangegangenen Poe-Verfilmungen treu und setzt auch in seiner Anthologie von drei, eigentlich vier Geschichten (denn „Die schwarze Katze“ kombiniert auch Elemente aus „Das Fass Amontillado“) aus der Feder des Gothic-Horror-Meisters auf die schauspielerische Vielseitigkeit seines Stars Vincent Price, der ebenso überzeugend den zu Tode betrübten Edelmann in „Morella“ mimt wie den aufgeblasenen Weinkenner in „Die schwarze Katze“ und den dahinsiechenden Schmerzpatienten mimt, der im Koma übersinnliche Kräfte entwickelt. Vor allem Peter Lorre („M – Eine Stadt sucht einen Mörder“, „Die Spur des Falken“) brilliert als ständig betrunkener Wicht, der einen teuflischen Plan – mit einem entscheidenden Fehler – umsetzt. Dazu sorgen das gewohnt stimmungsvolle Produktionsdesign von Daniel Haller („Die Verfluchten“, „Das Pendel des Todes“) und die farbintensive Kameraarbeit von Floyd Crosby („Der Mann mit den Röntgenaugen“, „Die Folterkammer des Hexenjägers“) für die wohlig-schaurige Atmosphäre, die Cormans Poe-Adaptionen auszeichnen. Vor allem ist es Drehbuchautor Richard Matheson („I Am Legend“, „Hell House“) zu verdanken, dass Poes Kurzgeschichten auch als Filmerzählung so wunderbar funktionieren.
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