Lebendig begraben
Beginnend mit der Verfilmung von Edgar Allan Poes „The Fall of the House of Usher“ (1960) hat B-Movie-Produzent und -Regisseur Roger Corman innerhalb von vier Jahren insgesamt acht Filme nach Geschichten und Gedichten des großen amerikanischen Schauer-Literaten realisiert. Während alle anderen Filme mit dem großen Vincent Price als Hauptdarsteller realisiert wurden, besetzte Corman seine Umsetzung von Poes Kurzgeschichte „Das vorzeitige Begräbnis“ 1962 mit Ray Milland („Bei Anruf Mord“), mit dem er ein Jahr darauf auch „Der Mann mit den Röntgenaugen“ drehte.
Inhalt:
Der wohlhabende Guy Carrell (Ray Milland) lebt mit seiner Schwester Kate (Heather Angel) und seinen Bediensteten auf einem abgeschieden gelegenen Anwesen, in dessen Kellerräumen auch Carrells Vorfahren aufgebahrt sind. Seine unerklärliche Angst, wie sein Vater unter Katalepsie zu leiden und lebendig begraben zu werden, hat ihn auch die Beziehung zu Emily Gault (Hazel Court) beenden lassen. Doch Emily will unbedingt Guys Frau werden und lässt sich auch nicht von der irrationalen Angst ihres Verlobten abschrecken. Doch bereits am Tag ihrer Hochzeit geht mit Guy eine merkliche Veränderung vor. Als Emily am Klavier die Melodie von „Molly Malone“ spielt, wird Guy an die Vorgänge einer Exhumierung erinnert, bei der selbst anwesend gewesen ist und einer der Totengräber genau diese Melodie gepfiffen hatte. Sie hat sich zusammen mit dem schrecklichen Anblick des Mannes, der offensichtlich lebendig begraben worden war und der seine Finger am Sargdeckel blutig gekratzt hatte, in Guys Gedächtnis eingebrannt.
Statt mit Emily die geplante Hochzeitsreise nach Venedig anzutreten, hat er auf seinem Anwesen ein Mausoleum bauen lassen, das mit allerlei Vorrichtungen ausgestattet ist, damit Guy sich – sollte er wie befürchtet lebendig begraben werden – im Falle des Falles per Fingerdruck aus dem Sarg befreien und über von innen leicht zu öffnenden Türen nach draußen gelangen kann. Außerdem hat er mit Alarmglocken, Notausgängen, Dynamit, Zerstreuungsmöglichkeiten und Nahrungsmittelvorräten bis zu seiner Befreiung vorgesorgt, und sollte wider Erwarten alles schieflaufen, einen Giftkelch vorbereitet. Emily stellt ihrem Mann daraufhin ein Ultimatum, dass er sich entweder für sie oder für das Mausoleum entscheiden müsse, und mit Unterstützung ihres ehemaligen Geliebten Miles Archer (Richard Ney) gelingt es Emily schließlich, dass Guy das Mausoleum in Stücke sprengt. Allerdings machen sich Emily und Miles nach wie vor Sorgen um Guys Gesundheitszustand. Ständig hört er Stimmen, denen er durch das nebelverhangene Grundstück zu folgen versucht, und entdeckt dabei die Gesichter der Totengräber, die außer ihm aber niemand sonst zu sehen scheint. Als der Schlüssel zur Familiengruft vermisst wird und Guy die Gruft seines Vaters gewaltsam öffnet, bricht er schließlich zusammen, und Miles und Emilys Vater Dr. Gault (Alan Napier) können nur Tod durch Herzinfarkt feststellen …
Kritik:
Charles Beaumont hatte seit Mitte der 1950er Jahre immer mal Drehbücher für einzelne Fernsehserien wie „Philip Marlowe“, „Alfred Hitchcock präsentiert“, „Gnadenlose Stadt“ und „Thriller“ beigesteuert, ehe er 1962 seine Zusammenarbeit mit Roger Corman begann, die über „Lebendig begraben“ und der Verfilmung seines eigenen Romans „Weißer Terror“ zu den beiden weiteren Grusel-Filmen „Die Folterkammer des Hexenjägers“ (1963) und „Satanas – Das Schloss der blutigen Bestie“ (1964) führte. „Lebendig begraben“ ist deshalb eine typische Poe-Adaption, weil Edgar Allan Poe bekanntlich selbst unter Taphephobe litt, also der Angst, lebendig begraben zu werden. Corman setzte wieder sein bevorzugtes Produktionsdesign ein, das aus einem einsam gelegenen Herrenhaus inmitten einer unwirtlichen, von dichtem Nebel bedeckten Landschaft liegt. In dieser ohnehin schaurigen Atmosphäre sorgen exhumierte Gräber, ein makaber eingerichtetes Mausoleum und die Familiengruft im Keller des Anwesens für zusätzliche wohlige Schauer, die mit den eingebildeten (?) Ängsten des Hausherren einhergehen.
Ray Milland verkörpert diesen leicht exzentrischen Mann sehr überzeugend und findet vor allem in den beiden weiblichen Darstellern Hazel Court („Satanas – Das Schloss der blutigen Bestie“, „Frankensteins Fluch“) und Heather Angel („Verdacht“, „Das Rettungsboot“) adäquate Mit- und Gegenspielerinnen, die mit ihren Figuren die Ängste von Guy Carrell nur noch deutlicher zum Ausdruck bringen. Zwar ist das Finale nicht ganz so überzeugend ausgefallen, doch bietet „Lebendig begraben“ wunderbar atmosphärischen Grusel in bester Poe- und Corman-Manier.
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