Der gnadenlose Ritt

B-Movie-Produzenten-Legende Roger Corman hat seine Regie-Karriere Mitte der 1950er Jahre mit weithin vergessenen Western wie „Fünf Revolver gehen nach Westen“, „Heiße Colts und schnelle Pferde“ und „Einer schoss schneller“ begonnen, ehe er sich vornehmlich dem Horror-Genre zuwandte und im nachfolgenden Jahrzehnt vor allem durch seine atmosphärisch gelungenen Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen berühmt wurde. Nach seinem letzten Poe-Film „Das Grab der Lygeia“ wandte er sich allerdings wieder anderen Genres zu. So entstand nach dem Biker-Thriller-Drama „Die wilden Engel“ und dem historischen Krimi-Drama „Chicago-Massaker“ 1967 der Western „Der gnadenlose Ritt“, wobei Corman allerdings nicht in den Credits aufgeführt wurde. 

Inhalt:

Texas, 1865. Der Bürgerkrieg steht zwar kurz vor dem Ende, doch in den Gefangenenlagern herrschen nach wie vor menschenunwürdige Zustände. In einem Lager der Nordstaaten verurteilt der sadistische Kommandant Colonel Harries (Emile Meyer) einen jungen Südstaatler zum Tod durch Erschießen, wobei Major Wolcott (Glenn Ford) einige unerfahrene Ordonanzen für die Ausübung befehligen soll. Nachdem diese zweimal ihr Ziel verfehlt haben, erschießt Wolcott selbst – vor den Augen seiner entsetzten Braut Emily (Inger Stevens) - den Verurteilten und verursacht einen Aufstand unter den Gefangenen. Vor seinem Tod konnte der Südstaatler seinen Mithäftlingen noch mitteilen, dass sich der Tunnel unter dem Küchenhaus befinde. Unter der Leitung des Südstaaten-Offiziers Capt. Dorrit Bentley (George Hamilton) gelingt einer Truppe von Gefangenen tatsächlich die Flucht. Unterwegs töten sie einen Boten der Nordstaaten, der die Nachricht vom Ende des Krieges bei sich trägt, doch hält Bentley diese Information vor seinen Kameraden geheim und treibt sie weiterhin in den Kampf mit den Nordstaatlern, die mittlerweile die Verfolgung aufgenommen haben. Als Geisel haben Bentleys Leute nämlich ausgerechnet Emily mitgenommen, die Major Wolcott natürlich aus den Fängen der Südstaatler befreien will. Allerdings gilt sein Befehl nur bis zur mexikanischen Grenze, die die Flüchtigen bald zu erreichen hoffen … 

Kritik:

Mir ist nicht bekannt, warum Roger Corman nicht in den Regie-Credits von „A Time for Killing“ (1967) – so der Originaltitel – aufgeführt wird, aber es ist tatsächlich kein Film, den man mit dem effizient arbeitenden Produzenten/Regisseur in Verbindung bringen würde. Zudem wird der Film groß mit Harrison Ford auf dem DVD-Cover beworben, obwohl er hier – am Beginn seiner Karriere - nur eine kaum wahrnehmbare Mini-Rolle verkörpert. 
„Der gnadenlose Ritt“ basiert auf dem Roman von Nelson und Shirley Wolford und überzeugt unter der Hauptregie von Phil Karlson („Sie ritten nach Westen“, „Dem Teufel auf der Spur“) als gnadenlose Abrechnung mit dem Bürgerkrieg. Auf der einen Seite will vor allem der skrupellose, sadistische Nordstaaten-Kommandant Harries nicht den baldigen Ausgang des Krieges akzeptieren und setzt weiter auf die brutale Bestrafung der Gefangenen im Lager. Als sein Untergebener ist Major Wolcott ziemlich machtlos, obwohl er – wie er Emily auch erklärt – die Dinge lieber wachsen als sterben sieht. Auf der anderen Seite geht es Captain Bentley nur um Rache für das Leid, das die Nordstaaten-Soldaten über seine Leute gebracht haben. Auch wenn er von seinen Leuten, vor allem Sergeant Way (Harry Dean Stanton), immer wieder auf sein sinnloses Unterfangen, das nur das Leben seiner Männer aufs Spiel setzt, hingewiesen wird, bleibt Bentley stur und treibt sie fortwährend in den Kampf und erweist sich in der Behandlung von Wolcotts Frau selbst als Sadist. 
Glenn Ford („Die Saat der Gewalt“, „Die erste Kugel trifft“) agiert als rechtschaffen bemühter Offizier, der sich letztlich militärischen Befehlen zu beugen hat, ebenso überzeugend wie George Hamilton („Einmal ist nicht genug“, „Liebe auf den ersten Biss“) als verbissener Südstaaten-Captain, der die mühsam erkämpfte Freiheit zu einer unbarmherzigen Rachemission nutzt. Inger Stevens („Nur noch 72 Stunden“, „Hängt ihn höher“) dient als taffe Nordstaaten-Frau letztlich nur als Köder für die letzte tödliche Konfrontation zwischen den Süd- und Nordstaaten. 
Das ist zwar nicht besonders originell inszeniert, aber gut gespielt und hebt sich in seiner unmissverständlichen Botschaft wohltuend vom Genre-Durchschnitt ab. 

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