Das Raubtier

Seit Mitte der 1950er Jahre hat Roger Corman nicht nur über 400 Filme produziert, sondern bei über 50 Filmen auch selbst Regie geführt. In beiden Funktionen erwies sich B-Movie-Spezialist Corman stets als ebenso produktiver wie effizienter Filmemacher, der 2010 sogar mit dem Ehren-Oscar für ein Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Bevor er ab 1960 durch seine stimmungsvollen Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen (meist mit dem charismatischen Vincent Price in der Hauptrolle) berühmt geworden ist, inszenierte er 1958 mit „Das Raubtier“ einen kleinen Gauner-Thriller, der Charles Bronson seine erste Hauptrolle bescherte. 

Inhalt: 

George Kelly (Charles Bronson), der wegen seiner Vorliebe für seine Thompson-Maschinenpistole auch Machine Gun Kelly genannt wird, ist der Kopf einer geschickt agierenden Räuberbande, bei der Kellys clevere Geliebte Florence (Susan Cabot) die Bank auskundschaftet und auf einem Lageplan skizziert, bevor Kelly und seine Kumpels Harry (Frank DeKova), Michael Fandango (Morey Amsterdam) und Howard (Jack Lambert) den Coup über die Bühne bringen. Nach dem erfolgreichen Bruch bei der Lebanon Bank entledigen sich drei der Räuber auf der Flucht zunächst ihrer Waffen und Klamotten, übergeben die Beute Michael, der das Geld in einem anderen Fahrzeug in Sicherheit bringt, und lassen das geklaute Fahrzeug schließlich irgendwo stehen. Am Treffpunkt müssen Kelly und seine Kumpanen jedoch feststellen, dass von der Beute, die laut Zeitungsberichten 41.000 Dollar beträgt, ganz 5.000 Dollar fehlen, die Fandango in die eigene Tasche gesteckt hat. Der Dieb muss dafür teuer bezahlen: Kelly lässt ihm von einem Berglöwen, den Harry in einem Käfig hält, einen Arm abbeißen. Dennoch ist er auch beim nächsten Deal dabei, allerdings steht er dabei unter besonderer Beobachtung. Während Fandango mit der Polizei gemeinsame Sache macht, versucht Howard seine eigene Bande aufzubauen. Kelly macht mit den Verrätern kurzen Prozess und plant einen ganz großen Coup. Er kidnappt die kleine Industriellen-Tochter Shery Vito und deren Nanny Lynn Grayson (Barboura Morris) und erpresst 100.000 Dollar von dem Vater des Kindes … 

Kritik: 

In gerade mal acht Drehtagen und mit einem Budget von mickrigen 100.000 Dollar realisierte Corman 1958 nach dem Drehbuch von R. Wright Campbell („Der Mann mit den 1000 Gesichtern“, „Aufstand im Morgengrauen“) mit „Das Raubtier“ ein gerade mal 80-minütiges Gangster-Thriller-Drama mit Film-noir-Elementen, das ebenso vom rasanten Tempo wie der physisch sehr markanten Darstellung sowohl von Charles Bronson („Kalter Schweiß“, „Die glorreichen Sieben“) als auch Susan Cabot („Mündungsfeuer“, „Ritt mit dem Teufel“) geprägt ist. Die Story ist dabei an sich wenig originell und bietet nur die üblichen Routinen geplanter und ausgeführter Überfälle, den Verrat einzelner Crew-Mitglieder und darauf folgende Vergeltungsmaßnahmen, aber mit der Entführung der Tochter aus wohlhabendem Hause mit dem dazugehörigen attraktiven Kindermädchen entwickelt der Plot fast als Kammerspiel eine packende Dramaturgie mit einer schönen Wendung am Schluss. 
Gut gelungen ist dabei die Charakterisierung der ganz unterschiedlichen Typen innerhalb der Bande, wobei Bronsons Machine Gun Kelly nicht nur durch seine Affinität zur Maschinenpistole, sondern auch durch seine unerklärliche Angst vor allem, was mit Tod und Bestattung zu tun hat, herausragt. 
Corman verzichtete in diesem schnell abgedrehten Schwarz-Weiß-Krimi-Drama auf inszenatorischen Schnickschnack. Nett ist die eine Szene gelungen, in der der Bankraub als Schattenspiel auf dem Boden und der Tathergang so nur indirekt abgebildet wird. 

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