Tod im Spiegel

Nach der auch international erfolgreichen Adaption von Lothar-Günther Buchheims Roman „Das Boot“ (1981) war es dem ehemaligen „Tatort“-Regisseur Wolfgang Petersen vergönnt, auch große Produktionen wie die Verfilmung von Michael Endes Fantasy-Klassiker „Die unendliche Geschichte“ (1984) oder das Weltraum-Drama „Enemy Mine – Geliebter Feind“ (1985) zu realisieren. 1991 feierte Petersen dann mit dem Neo-Noir-Thriller „Tod im Spiegel“ seinen Einstand in Hollywood. 

Inhalt: 

Am Neujahrsabend kommt das Ehepaar Judith (Greta Scacchi) und Dan Merrick (Tom Berenger) nach einer Feier bei Dans Geschäftspartner Jeb Scott (Corbin Bernsen) und dessen Frau Jenny (Joanne Whalley) bei starkem Nebel von der Küstenstraße bei San Francisco ab und stürzt mit dem Auto in die Tiefe. Während Judith schon früh aus dem Wagen geschleudert wird und den Unfall nahezu unversehrt übersteht, erleidet der prominente Architekt Dan beim mehrmaligen Überschlagen des Wagens erhebliche Verletzungen, vor allem im Gesicht. Mehrmalige Einsätze plastischer Chirurgie stellen Dan einigermaßen wieder her, doch sein Kurzzeitgedächtnis ist wie ausgelöscht. Judith erweist sich in dieser Phase als geduldige, einfühlsame und verständnisvolle Hilfe bei Dans Rückkehr ins Leben. Für ihn ist es jedenfalls so, als würde er sich neu in Judith verlieben. 
Doch wie wenig Dan dem neuen Glück trauen kann, erweist sich bei der Rückkehr ins luxuriöse Heim. Dan zertrümmert nicht nur den Spiegel im Schlafzimmer, nachdem ihn verstörende Erinnerungsfetzen heimgesucht haben, sondern findet auch verräterische Kontaktabzüge von Bildern, die Judith mit einem anderen Mann beim leidenschaftlichen Liebesspiel im Bett zeigen. Als er Jeb bei einem Besuch auf seine Ehe anspricht, macht dieser seinem traumatisierten Freund darauf aufmerksam, dass so oft die Fetzen zwischen Judith und Dan geflogen seien, dass bereits offen von Scheidung gesprochen wurde. Ebenso skeptisch betrachtet Jenny die wieder aufgefrischte Liebesbeziehung zwischen Judith und ihrem Mann, wobei sie Dan darüber nachzudenken auffordert, warum seine Frau bei dem Unfall kaum einen Kratzer abbekommen hat. 
Merkwürdig findet Dan auch eine Rechnung über 7.000 Dollar, die der Tierhändler Gus Klein (Bob Hoskins) ausgestellt hat. Als Dan dem Mann einen Besuch abstattet, erfährt, dass die Summe mitnichten für Tiere fällig geworden ist, sondern für Kleins Dienste als Privatermittler. Offensichtlich hat Dan bereits vor seinem Unfall von der Untreue seiner Frau etwas geahnt… 

Kritik: 

Wolfgang Petersen hat „Tod im Spiegel“ nach dem gleichnamigen Roman von Richard Neely inszeniert und die Drehbuchadaption selbst übernommen. Von Beginn an verströmt der Thriller eine typische Noir-Atmosphäre, die durch die unkontrollierbare Autofahrt im Nebel ihren Anfang nimmt und durch die Noir-typischen Topics wie die obligatorische Femme fatale und Fragen nach der Identität verstärkt wird. Dabei legt Petersen mehr Wert auf den wendungsreichen Plot, der immer mehr Geheimnisse im Leben von Dan aufdeckt und die Beziehung zwischen ihm und Judith stets im neuen Licht erscheinen lässt, als auf seine Figuren. 
Tom Berenger („Der Mann im Hintergrund“, „Mörderischer Vorsprung“) wird kaum gefordert, die für ihn typische Rolle des eher zurückhaltenden Mannes zu verkörpern, dem übel mitgespielt worden ist, während Greta Scacchi („Salz auf unserer Haut“, „Die letzten Tage in Kenya“) vor allem mit ihren körperlichen Reizen die Femme fatale mimt. Aus dem eher blass agierenden Ensemble ragt einzig Bob Hoskins („Rififi am Karfreitag“, „Mona Lisa“) als ebenso humorvoller wie engagierter Privatermittler heraus. 
Die Spannung wird vor allem durch das allmähliche Aufbrechen von Dans Amnesie und die daraus nach und nach freigelegten Puzzleteile erzeugt, die ein ganz anderes Bild ergeben, als Dan nach dem Aufwachen aus dem Koma für möglich gehalten hätte. Hier präsentiert sich Petersen als versierter Spannungs-Regisseur. Das hohe Tempo, die vielen Wendepunkte in der Geschichte und das überraschende Finale lassen darüber hinwegsehen, dass der Plot an einigen Ecken stark hinkt und in visueller Hinsicht kaum über Genre-Mittelmaß hinauskommt. 
Für einen Hollywood-Einstand wirkt „Tod im Spiegel“ mehr als nur wie ein respektables B-Movie, sondern lässt deutlich erkennen, dass Petersen durchaus ein Könner seines Fachs ist. Das durfte er in den folgenden starbesetzten Blockbuster-Produktionen „In the Line of Fire – Die zweite Chance“, „Outbreak – Lautlose Killer“ und „Troja“ unter Beweis stellen.  

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