Dersu Uzala

Nach dreißig Jahren, in denen sich die Karriere von Akira Kurosawa (1910-1998) bei einigen weniger erfolgreichen Filmen doch vorwiegend positiv entwickelte, brachte das dreistündige Epos „Rotbart“ im Jahr 1965 doch eine bemerkenswerte Zäsur mit sich, die in der Trennung zwischen Kurosawa und der Produktionsfirma Toho einerseits und seinem langjährigen Lieblingsschauspieler Toshiro Mifune andererseits kulminierte. Sein nächstes Projekt „Dodeskaden“ ließ fünf Jahre auf sich warten, floppte an den Kinokassen und resultierte in einer schweren Depression des Filmemachers, der 1971 sogar einen Selbstmordversuch unternahm. 1975 zog es den japanischen Meisterregisseur in die Taiga, wo er für das sowjetische Filmstudio Mosfilm Wladimir Arsenjews Roman „Dersu Uzala, der Taigajäger“ verfilmte. 

Inhalt: 

Im Jahre 1902 führt der russische Offizier und Geograph Wladimir Arsenjew (Juri Solomin) eine Expedition, um das Ussurigebiet zu vermessen und zu kartographieren. Die Expedition trifft auf den Waldläufer und Jäger Dersu Uzala (Maxim Munsuk), der sich nach einer Nacht im Lager bei Arsenjews Männern bereit erklärt, die Expedition mit seiner Ortskenntnis anzuführen. Zwischen Arsenjew und Uzala entwickelt sich trotz ihrer Unterschiede allmählich eine Freundschaft. 
Obwohl Uzala seine Familie durch eine Pockenepidemie verloren hat und seitdem auf sich allein gestellt in der Wildnis lebt, ist sein Leben zutiefst durch das Wissen um die tiefe Verbundenheit alles Belebten bestimmt. Er beeindruckt die Teilnehmer der Expedition mit seinen Schießkünsten und seinen Fähigkeiten beim Spurenlesen. Nachdem sich die Expedition aufgeteilt hat, erkunden Uzala und Arsenjew einen See, als sei von einem Unwetter überrascht werden. Eile ist geboten, als Uzala und Arsenjew Gräser abschneiden, um einen Unterschlupf zu bauen, aber der Russe bricht früh erschöpft zusammen, sodass Uzala und seinem Freund das Leben rettet. 
Nachdem sich anschließend ihre Wege getrennt haben, trifft Arsenjew 1907 bei seiner nächsten Expedition im Ussurigebiet den Freund wieder. Sie stoßen auf die Spuren von Räubern. Uzala schießt auf einen Tiger, tötet ihn aber nicht sofort. Danach glaubt er, für diese Tat verflucht zu sein, was ihn sehr wankelmütig werden lässt. Seine altersbedingte Kurzsichtigkeit, die ihn bei der Jagd stark behindert, hält er für die Folge des Fluchs. Da Uzala seinen Lebensunterhalt nicht mehr durch das Jagen in den Wäldern bestreiten kann, nimmt Arsenjew Uzala mit nach Hause, doch fühlt sich der Waldläufer in der Stadt nicht wohl. Ihm fehlt die Natur, und er kann sich mit vielen Regeln der Zivilisation nicht abfinden. So beschließt er, in die Wildnis zurückzukehren, obwohl er weiß, dass dort seine Tage gezählt sind…

Kritik: 

Kurosawa hat Zeit seines Lebens eine große Vorliebe für die russische Literatur gehegt und Schriftsteller wie Gogol, Dostojewski und Tolstoi verehrt. Er verfilmte Dostojewskis Roman „Der Idiot“ und Maxim Gorkis Drama „Nachtasyl“. Mit Arsenjews bereits 1923 veröffentlichten Autobiografie beschäftigte sich Kurosawa schon in den 1930er Jahren, doch ließ die sowjetische Regierung damals keinen Dreh in der Taiga durch Kurosawa zu. 
„Dersu Uzala“ überrascht durch seine schlichte Geschichte einer Freundschaft zweier unterschiedlicher Männer, die sich von Beginn an sympathisch finden und gemeinsam eine anspruchsvolle Expedition erleben, die vor allem von den Launen der Natur geprägt wird. So einfühlsam die Freundschaft zwischen dem Stadtmenschen und dem Waldläufer geschildert wird, so majestätisch setzt Kurosawa die Natur mit strahlenden Sonnenuntergängen, reißenden Flüssen, wilden Regenfällen, auftauenden Eisschollen und zarten Schneefällen in Szene. Die Auszeichnung als bester fremdsprachiger Film im Jahr 1976 war dann auch mehr als verdient und führte Kurosawa wieder zu altem Selbstbewusstsein zurück. 

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