Nachdem Rainer Werner Fassbinder bereits 1972 mit Franz
Xaver Kroetz‘ „Wildwechsel“ ein Bühnenstück ohne vorherige Inszenierung
durch eigene Hand auf der Bühne direkt für das Fernsehen umgesetzt hat, folgte
zwei Jahre später „Nora Helmer“, Fassbinders Umsetzung von Henrik
Ibsens Theaterstück „Nora oder Ein Puppenheim“ aus dem Jahre 1879.
Inhalt:
Nora Helmer (Margit Carstensen) hat die Gesundheit
ihres Mannes Torvald (Joachim Hansen) durch eine Italienreise gerettet,
die durch ein Darlehen von Krogstadt (Ulli Lommel) finanziert wurde. Das
Darlehen ist durch eine gefälschte Unterschrift ihres bereits kurz zuvor
verstorbenen Vaters zustande gekommen. Als Torvald Direktor einer Bank wird, an
der Krogstad jetzt in einer untergeordneten Position angestellt ist, möchte er
Krogstad wegen dessen Vergangenheit entlassen. Daraufhin erpresst Krogstad
Nora, indem er ihr droht, ihre Fälschung preiszugeben. Noras versucht ihren
Mann dazu zu bewegen, an Krogstad festzuhalten, jedoch möchte er nichts davon
wissen. Als ihr Mann durch einen Brief Krogstads die Wahrheit erfährt, will er
seine Frau verstoßen, weil er befürchtet, dass seine Karriere nun gefährdet
ist. Erst als Torvald einen zweiten Brief von Krogstad erhält, in dem er diesen
mitteilt, dass er auf die Enthüllung verzichtet, will er seiner Frau zu
verzeihen. Nora aber akzeptiert die Entschuldigung ihres Mannes nicht…
Kritik:
Fassbinders „Nora Helmer“ wirkt wie eine
Theaterinszenierung, spielt sich die Handlung doch allein im Haus des Ehepaars
Helmer ab, zu dessen Haushalt auch die Haushälterin Helene (Irm Hermann)
zählt und das neben Krogstadt Besuch von Noras früherer Freundin Christine
Linde (Barbara Valentin), die eine neue Anstellung zu finden hofft, und
von Dr. Rank (Klaus Löwitsch) bekommt, der täglich im Haus anzutreffen
ist. Während in Ibsens Vorlage Nora Helmer eine starke Wandlung von
einer kapriziösen, kindlichen und allzeit vergnügten Person zu einer zunehmend
nachdenklichen Frau mit einem Verlangen nach mehr Selbstbestimmung durchmacht,
ist die Protagonistin bei Fassbinder von Beginn an eine selbstsicher
auftretende Persönlichkeit, die offen ihre eigene Meinung vertritt und sich auch
nicht von ihrem Mann kleinreden lässt, der seine Frau vor allem aus
Statusgründen hält und am Ende für diese herablassende Einstellung bezahlen
muss. Da in dem Fernsehfilm zwar Spannungen thematisiert, aber nicht recht
aufgelöst werden, bleibt die Spannungskurve sehr flach, bietet die Geschichte
doch keine Überraschungen.

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