The Master

Schon vor seinem Oscar-prämierten Meisterwerk „There Will Be Blood“ wurde der amerikanische Filmemacher Paul Thomas Anderson als Wunderkind gefeiert, der mit seinem enzyklopädischen Filmwissen und ausgefeilter Technik für so sehenswerte Filme wie „Boogie Nights“ (1997) und „Magnolia“ (1999) verantwortlich zeichnete. Fünf Jahre nach der Tour de Force, die ein überragender Daniel Day-Lewis als Öl-Magnat in „There Will Be Blood“ absolvierte, präsentiert Anderson mit seinem neuen Film „The Master“ gleich zwei herausragende Darsteller, die mit ihrem famosen Spiel die dramaturgischen Schwächen des Drehbuchs überstrahlen. 
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrt der Fotograf Freddie Quell (Joaquin Phoenix) nervlich stark angeschlagen zurück in die Heimat. Im Fotolabor des Kaufhauses, in dem er arbeitet, entwickelt Quell aber nicht nur seine Bilder, sondern zeigt sich auch sehr erfinderisch mit dem Herstellen starker alkoholischer Mixturen. Bei seinem ohnehin schwierigen Temperament schlägt durch den übermäßigen Alkoholkonsum immer wieder über die Stränge, verliert seine Jobs, gibt sich wahllosen Affären hin. Eines Nachts landet er während seiner Streifzüge auf dem Schiff des charismatischen Lancaster Dodd (Philip Seymour Hoffman), der sich selbst als Wissenschaftler, Autor und Philosoph betrachtet. 
Er hat mit „Der Ursprung“ eine Glaubensgemeinschaft gegründet und bietet seinen Jüngern an, durch Reisen in die Vergangenheit ein besseres Verständnis für sich selbst zu gewinnen und sich so zu besseren Menschen entwickeln zu können. 
Quell ist zunächst ebenso fasziniert von Dodds Persönlichkeit, wie Dodd Quell für ein interessantes Studienobjekt hält, das er auf den Pfad der Tugend zurückführen möchte. Doch Quell hat durchaus seinen eigenen Kopf und wird immer wieder abtrünnig. 
Andersons neuer Film ist zwar von der Biografie des Scientology-Gründers Ron L. Hubbard inspiriert, doch thematisiert „The Master“ gar nicht so sehr die umstrittenen Lehren und die Struktur einer Sekte, sondern eher die sehr ambivalente Beziehung zwischen einem charismatischen Führer und seinem unberechenbaren, fast animalisch agierenden Jünger. Wie sich die beiden unterschiedlichen Figuren aneinander reiben und sich einander brauchen, bildet das Herzstück des eindringlichen Dramas, und es ist den großartigen, über sich hinauswachsenden Philip Seymour Hoffman („Capote“, „Glaubensfrage“) und Joaquin Phoenix („Signs“, „Walk the Line“) zu verdanken, dass dieses Ziehen und Zerren in der ungewöhnlichen Vater-Sohn-Konstellation so faszinierend zu verfolgen ist. 
Ebenso beeindruckend ist aber auch die Leistung von Amy Adams („Man Of Steel“, „The Fighter“) als Dodds Ehefrau Peggy, der weitaus weniger Szenen zur Verfügung stehen, die aber mit ihren präsenten Auftritten als eigentliche spirituelle Führerin im Hintergrund das Zünglein an der Waage in der schwierigen Beziehung zwischen ihrem Mann und Quell darstellt. 
Allerdings hätte die Geschichte durchaus in weniger als 140 Minuten erzählt werden können. Anderson biedert sich mit „The Master“ nicht an das Mainstream-Publikum an. Er konzentriert sich ganz auf seine beiden antagonistischen Figuren, schweift aber mit seiner Erzählung auch immer mal wieder ab. Das ist aber auch der einzige Schwachpunkt eines Dramas, das mit bemerkenswerten Darstellungen und außergewöhnlicher Filmtechnik begeistert. 

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