Bridge of Spies

Bereits in seinen meisterhaften Dramen „Schindlers Liste“ (1993), „Amistad“ (1997), „Der Soldat James Ryan“ (1998) und „München“ (2005) hat es Steven Spielberg immer wieder verstanden, historische Ereignisse so elegant zu inszenieren, dass die humanistische Botschaft überzeugend transportiert wurde. Ähnlich souverän präsentiert sich der erfolgsverwöhnte Filmemacher auch in dem 2015 entstandenen historischen Drama „Bridge of Spies – Der Unterhändler“, an dessen Drehbuch Ethan und Joel Coen („No Country For Old Men“, „Fargo“) mitgewirkt haben und Tom Hanks zum dritten Mal nach „Der Soldat James Ryan“ und „Terminal“ die Hauptrolle in einem Spielberg-Film übernahm.
1957, auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs, gelingt es dem FBI, in New York den Sowjetagenten Rudolf Abel (Mark Rylance) zu verhaften. Allerdings weigert er sich, mit den US-amerikanischen Behörden zusammenzuarbeiten und ihnen gegenüber mit Informationen über seine Tätigkeit herauszurücken. Nichtsdestotrotz soll ihm ein ordentliches Gerichtsverfahren ermöglicht werden, wobei ihm der auf Versicherungsrecht spezialisierte Anwalt James Donovan (Tom Hanks) als Pflichtverteidiger zugeteilt wird. Damit beginnt für Donovan ein Spießrutenlauf, denn er wird von vielen fortan selbst als Landesverräter betrachtet und bringt so das Leben seiner Frau Mary (Amy Ryan) und seiner beiden Kinder in Gefahr. Dennoch versucht Donovan, seinem Mandanten die bestmögliche Verteidigung zu bieten. So erreicht er zumindest, dass Abel nicht zum Tode, sondern nur zu einer 30-jährigen Haftstrafe verurteilt wird. Gegen das Urteil legt er sogar Revision ein, weil es keinen Durchsuchungsbefehl gegeben hat und Abel als Ausländer nicht wegen Landesverrats angeklagt werden könne. Zwar unterliegt Donovan knapp, doch hat er sich über seine Aufgabe als Pflichtverteidiger für einige Protestierende zu sehr für den Verräter engagiert, so dass Unbekannte Schüsse auf das Haus von Donovan abfeuern. Nachdem Donovan dem CIA-Beamten Hoffman (Scott Shepherd) nichts darüber verriet, ob sein Mandant etwas über seine Spionage-Tätigkeit verlauten ließ, wird er allerdings von der CIA als Unterhändler eingesetzt, um in der sowjetischen Botschaft in Ost-Berlin den Austausch zwischen Abel und dem über der Sowjetunion abgeschossenen US-Piloten eines U-2-Spionageflugzeugs, Francis Gary Powers (Austin Stowell) auszuhandeln. Als Donovan in Ost-Berlin eintrifft, wo mit dem Bau der Berliner Mauer begonnen wurde, wird er mit dem Schicksal eines weiteren US-Bürgers konfrontiert: Der Student Frederic Pryor (Will Rogers) hat in West-Berlin gerade seine Dissertation über die kommunistische Wirtschaftspolitik beendet und wird mit seinem Manuskript und einer Kamera im Ost-Sektor verhaftet und als Spion verhaftet.
Obwohl Donovan von der CIA nur damit beauftragt wird, den Gefangenenaustausch zwischen Abel und Powers auszuhandeln, setzt sich der Anwalt dafür ein, beide US-Amerikaner gegen Abel einzutauschen. Allerdings befindet sich der Student im Gewahrsam der von den USA nicht anerkannten Deutschen Demokratischen Republik, weshalb Donovan mit dem von der DDR-Führung legitimierten Anwalt Wolfgang Vogel (Sebastian Koch) zu tun bekommt. Donovan muss schon sein ganzes Verhandlungsgeschick in die Waagschale werfen, um seinen ambitionierten Plan durchzusetzen …
Steven Spielberg ist mit „Bridge of Spies – Der Unterhändler“ ein weiteres überzeugendes Drama gelungen, das ein bedeutendes Stück Zeitgeschichte mit authentisch wirkenden Kulissen in eindringlichen Bildern festgehalten hat und dabei eine zutiefst menschliche Geschichte erzählt, die von Vaterlandsliebe, Vertrauen, Verrat und Menschlichkeit in einem spannungsgeladenen politischen Umfeld handelt, das von tiefer Angst vor den Folgen des nuklearen Wettstreits zwischen Ost und West geprägt ist. Tom Hanks verkörpert wie schon in Spielbergs „Der Soldat James Ryan“ und „Terminal“ einen ganz durchschnittlichen Typen mit dem Herzen am rechten Fleck, so dass er sich für Menschen engagiert, die sich nicht selbst helfen können und für die er, obwohl er sie nicht näher kennt, lebensbedrohliche Risiken eingeht. Als versierter Anwalt in einem ganz anderen Fachgebiet und liebender Familienvater zieht Tom Hanks („Forrest Gump“, „Cast Away“) sofort die Sympathien des Publikums auf sich. Der mit einem Oscar als bester Nebendarsteller ausgezeichnete Mark Rylance („Intimacy“, „Dunkirk“) als offensichtlicher sowjetischer Spion Abel gewinnt aber ebenfalls mit seiner bescheidenen wie gelassenen Art und seinem künstlerischen Talent als Maler zunächst die Sympathien seines Anwalts und somit auch des Zuschauers.
Spielberg handelt die juristischen Feinheiten von Abels Verurteilung recht zügig ab, um sich dann auf die schwierigen Verhandlungen in Ost-Berlin zu konzentrieren. Hier geht es ihm allerdings nicht um historische Genauigkeit, auch wenn die Co-Produktion mit dem Studio Babelsberg samt deutscher Schauspieler und unzähliger Komparsen einen authentischen Eindruck vom Mauerbau und der angespannten Situation zwischen den USA, der DDR und der UdSSR vermittelt. Es ist wohl der Überarbeitung des Drehbuchs von Matt Charman („Suite Française – Melodie der Liebe“) durch Ethan und Joel Coen zu verdanken, dass sich über die schwierigen Verhandlungen auch immer humorvolle Töne legen, die dem Geschehen ihre Ernsthaftigkeit nehmen und die politischen Schachzüge mit einem schelmischen Augenzwinkern kommentieren.
Diese auflockernden Momente täuschen allerdings nicht darüber hinweg, welches Leid gerade der Bau der Berliner Mauer verursacht hat, was Spielberg in einer Szene, als Donovan die Mauer mit der S-Bahn überquert und Zeuge wird, wie einige Menschen bei dem Versuch, die Mauer zu überklettern, erschossen werden, eindringlich festhält.
"Bridge Of Spies" in der IMDb

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