Die glorreichen Sieben

Ende der 1950er Jahre war die Geschichte des Westerns eigentlich zu Ende erzählt, die Entmythologisierung des Western-Helden abgeschlossen, die Stars wirkten sichtlich gealtert. Und doch fand Regisseur John Sturges („Stadt in Angst“, „Zwei rechnen ab“) 1960 mit seiner Adaption von Akira Kurosawas Klassiker „Die sieben Samurai“ (1954) im Western-Gewand eine eigene Sprache für den universellen Kampf für Gerechtigkeit, die eine kleine mutige Gruppe gegen eine brutale Übermacht aufnahm. Der prominent besetzte Spätwestern wurde nicht zuletzt durch Elmer Bernsteins Oscar-nominierten Score weltberühmt, der später zur Erkennungsmelodie der „Marlboro“-Werbung avancieren sollte.
Die Bewohner eines kleinen mexikanischen Dorfes, das vorwiegend von seinen Erträgen auf den Feldern lebt, wird jedes Jahr von einer über dreißigköpfigen Räuberbande unter Führung des Banditen Calvera (Eli Wallach) all seiner Habseligkeiten beraubt. Es wird ihnen gerade so viel gelassen, dass sie ihre Familien ernähren können. Als sich einer der Bauern aber gegen diese Raubzüge zur Wehr setzen will und von Calvera erschossen wird, wollen die Dorfbewohner Gegenmaßnahmen ergreifen. Vom Dorfältesten erhalten sie den Rat, sich Gewehre zu beschaffen und zu kämpfen. Obwohl sie weder das Geld für Gewehre noch Erfahrung im Kämpfen haben, sammeln sie ihre letzten Wertgegenstände zusammen und schicken drei ihrer Männer in die nächste amerikanische Stadt, wo sie Zeuge werden, wie die beiden aus Dodge und Tombstone kommenden Revolverhelden Chris (Yul Brynner) und Vin (Steve McQueen) den Leichentransport mit einem Indianer gegen den Widerstand der Weißen auf den Stadtfriedhof bringen. Chris nimmt das Angebot der drei Mexikaner an, eine Truppe zu organisieren, mit der er den Kampf gegen Calveras Männer aufnehmen kann, und findet neben Vin auch den habgierigen Harry (Brad Dexter), den Halbindianer Bernardo (Charles Bronson), den eleganten Lee (Robert Vaughn) und den raubeinigen Brit (James Coburn) die gesuchte Verstärkung. Selbst der junge und heißblütige Chico (Horst Buchholz) darf sich den Revolvermännern anschließen. Da Calvera wohl so schnell nicht ins Dorf zurückkehren wird, bereiten sich Chris & Co. in Ruhe auf den bevorstehenden Angriff vor, lassen sich bewirten und bilden die Männer an den Waffen aus. Der erste Angriff durch Calveras überraschte Männer kann erfolgreich abgewehrt werden, doch Chris‘ Leute sind sich sicher, dass Calvera sich so leicht nicht vertreiben lässt, und bereiten sich auf ein blutiges Gefecht vor …
Auch wenn Sturges die Handlung nach Mexiko verlegte und aus den Samurai Revolvermänner machte, hielt er sich mit der Geschichte von „Die glorreichen Sieben“ sehr dicht an Kurosawas Samurai-Klassiker. Er strafft zwar die Handlung, nimmt sich aber viel Zeit, die einzelnen Gruppen und Protagonisten vorzustellen. Selbst Calvera bekommt zu Beginn ausreichend Gelegenheit zu erklären, wie schwierig es mittlerweile geworden ist, seine Männer zu ernähren und auf den Raubzügen die nötige Beute dafür zu beschaffen. Bei den Dorfbewohnern geht es schließlich um nackte Existenzängste, da Calvera dem Dorf nur gerade genug zum Überleben übriglässt.
Von den Revolvermännern werden zunächst Chris und Vin als coole und furchtlose Abenteurer eingeführt, die nur des Nervenkitzels wegen einen toten Indianer zum Hügel mit dem von Weißen bewachten Friedhof bringen wollen. Die Aufstockung der Revolvermänner geht zügig vonstatten. Auch wenn die Belohnung von zwanzig Dollar pro Mann für den geplanten sechswöchigen Auftrag alles andere als verlockend erscheint, verfolgt jeder seine eigene Motivation. Harry lockt die Aussicht auf Goldfunde in den nahegelegenen Bergen, der heimatlose Halbindianer Bernardo kann am ehesten nachempfinden, warum die Dorfbewohner ihre Gemeinschaft schützen wollen.
Um die Angriffe und Gefechte herum bekommen die unterschiedlichen Figuren genügend Raum, von ihren Träumen und verlorenen Hoffnungen zu berichten. Nicht alle überleben die letzte Schlacht, und am Ende muss Chris die bittere Erkenntnis aussprechen, dass nur die Farmer gewonnen hätten, nicht aber die aussterbende Art der Revolvermänner, die über keine Heimat und keine Familie verfügen. Yul Brynner („Der König und Ich“, „Die zehn Gebote“) überzeugt als nüchterner Stratege, Steve McQueen, der noch am Anfang seiner Karriere stand, ehe er in „Gesprengte Ketten“ und „Bullitt“ zum Star wurde, als cooler Abenteurer. Charles Bronson, der mit McQueen auch in den beiden John-Sturges-Filmen „Wenn das Blut kocht“ (1959) und „Gesprengte Ketten“ (1963) zu sehen ist, freundet sich als gutmütiger Bernardo am ehesten mit dem Leben im Dorf an und zieht gleich die Aufmerksamkeit dreier Jungen auf sich, Horst Buchholz‘ junger Chico die einer jungen Mexikanerin. Sturges portraitiert in „Die glorreichen Sieben“ einen neuen Typus von Western-Helden, den des kühl agierenden professionellen Revolverhelden, der nur für das Abenteuer an sich lebt und keine Wurzeln besitzt, weder Heimat noch Familie.
Der packende Score von Elmer Bernstein veredelt diesen unterhaltsamen und psychologisch überraschend tiefgründigen Western, der mit „Die Rückkehr der glorreichen Sieben“ (1966), „Die Rache der glorreichen Sieben“ (1969) und „Der Todesritt der glorreichen Sieben“ (1972) noch drei weniger geglückte Fortsetzungen nach sich zog, bevor Antoine Fuqua 2016 ein gelungenes Remake inszenierte.
"Die glorreichen Sieben" in der IMDb

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