Das alte finstere Haus

Der amerikanische Produzent und Regisseur William Castle ist vor allem dadurch bekannt geworden, dass er bei der Vorführung seiner in den 1950er und 1960er Jahren entstandenen Grusel-Filme „Das Haus auf dem Geisterhügel“ (1959), „Schrei, wenn der Tingler kommt“ (1959), „Das unheimliche Erbe“ (1960) und „Mörderisch“ (1961) Gimmicks wie vibrierende Kinosessel und durch die Luft fliegende Pappskelette einsetzte. 1963 entschloss er sich zu einer Neuverfilmung von James Whales Gruselklassiker „The Old Dark House“ aus dem Jahr 1932 (mit Boris Karloff, Melvyn Douglas und Charles Laughton in den Hauptrollen) und produzierte ihn zusammen mit den britischen Hammer Studios.
Der Amerikaner Tom Penderel (Tom Poston) lebt in London, wo er sich mit dem exzentrischen Millionär Casper Femm (Peter Bull) ein Apartment teilt, das Casper tagsüber zu Verfügung steht, Tom in der Nacht. Als er ihm einen Luxuswagen zum ländlichen Herrenhaus der Familie bringen soll, findet er seinen Mitbewohner allerdings tot und bereits aufgebahrt vor. Doch aus dem kurzen Abschied vom Toten wird nichts, denn Caspers ebenso skurrile Familie nimmt ihn sogleich in Beschlag. Die Warnung von Caspers hübscher Nichte Cecily (Janette Scott), das verfallene Haus schnellstmöglich zu verlassen, kommt schon zu spät. Von Roderick (Robert Morley) erfährt Tom schließlich, warum sich die Familie so merkwürdig aufführt: Das Testament des berüchtigten Piraten, in dessen Haus die Familie nun lebt, besagt nämlich, dass sich die Bewohner des Herrenhauses jeden Tag um Mitternacht zu versammeln haben. Wer diesen Termin versäumt, verliert sogleich seinen Anspruch auf seinen Teil des Erbes. Als Agatha die Prozedur an Toms Anreisetag versäumt, wird sie kurz darauf mit Stricknadeln im Hals tot in ihrem Sessel aufgefunden. Doch das ist erst der Anfang einer Reihe von Morden in dem Haus, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint. Der anhaltende Regen findet nicht nur seinen Weg durch das morsche Dach des Hauses, sondern macht auch die Straßen unpassierbar. Potiphar Femm (Mervyn Johns) ist zum Glück vorbereitet. Er hat hinter dem Haus in Erwartung einer neuen Sintflut bereits eine Arche gebaut und sie mit allerlei Tieren besetzt. Für das menschliche Paar hat er Tom und die lüsterne Morgana (Fenella Fielding) auserkoren, doch Tom macht gerade sie für die Morde in ihrer Familie verantwortlich …
Im Vergleich zum Original von James Whale, das auf der Romanvorlage von J.B. Priestley basierte, hat sich William Castle – ohne die obligatorischen Gimmicks – für eine witzige, die Grenze zum Klamauk berührende Verfilmung entschieden. Da auch Anthony Hinds als Produktionschef von Hammer ein Remake in Vorbereitung hatte, entschieden sie sich zur einmaligen Zusammenarbeit, wobei aus Kostengründen in den britischen Bray Studios gedreht wurde und die Außenaufnahmen auf dem neugotischen Landsitz Oakley Court stattfanden, der nicht nur als Kulisse für Hammer-Produktionen wie „Das schwarze Reptil“ (1966) und „Nächte des Grauens“ (1966) diente, sondern vor allem durch die „Rocky Horror Picture Show“ berühmt wurde, wo es als Frank N Furters Schloss diente.
Für die passende Einstimmung sorgt vor allem die liebevoll von Comic-Künstler und „Addams Family“-Erfinder Chas Addams kreierte Titelsequenz und Benjamin Frankels fröhliche Musik. Wer dann noch Zweifel an der atmosphärischen Ausrichtung von „Das alte finstere Haus“ haben sollte, wird bereits in der ersten Szene, als Tom das Luxus-Cabrio zu Casper ins Casino bringt, wo dieser gerade seine Zeit vertreibt, aufgeklärt, denn von Beginn an stolpert der naive Tom von einem Missgeschick zum nächsten. Wirkt die Motivation für dringliche Einladung des verzweifelten Casper zunächst nicht ganz schlüssig, wird dieses Geheimnis beim Eintreffen des schaurigen Landsitzes gelüftet. Was folgt, ist ein turbulent inszenierter Whodunit-Plot, der durch seine unterschiedlich charakterisierten Figuren und launige Katz- und Maus-Spiele vorangetrieben wird, ohne die gruselige Atmosphäre des Originals zu erreichen.
Die Chemie zwischen Janette Scott („Die schöne Helena“, „Blumen des Schreckens“) und Tom Poston („An deiner Seite“, „Verrückte Weihnachten“) stimmt, aber auch der übrige Cast überzeugt in seinen kauzigen Rollen, wobei vor allem Morgana auch Teil der „Addams Family“ sein könnte. Zwar wurde der Film in Farbe gedreht, in den USA aus Kostengründen aber in Schwarzweiß gezeigt. In dem nun von Koch Media veröffentlichten Mediabook ist sowohl die Farb- als auch die Schwarzweiß-Version des Films vorhanden, dazu sehenswerte Extras.
"Das alte finstere Haus" in der IMDb

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