Soylent Green

Schauspiel-Legende Charlton Heston brachte Mitte der 1950er Jahre seine Karriere vor allem durch Hauptrollen in monumentalen Historien-Schinken wie „Die zehn Gebote“ (1956), „Ben Hur“ (1959), „El Cid“ (1961) und „Die größte Geschichte aller Zeiten“ (1965) in Schwung. Ende der 1960 begann er aber auch in drei Science-Fiction-Filmen, sich als Darsteller auszuzeichnen. Nach „Planet der Affen“ (1968) und „Der Omega-Mann“ (1971) beendete 1973 „Soylent Green“ seine Sci-Fi-Trilogie. Hierzulande lief Richard Fleischers Endzeit-Drama unter dem missglückten Titel „Jahr 2022… die überleben wollen“.
Umweltverschmutzung und Überbevölkerung machen das Leben auf der Erde im Jahr 2022 nur für Reiche erträglich. Allein in der US-amerikanischen Metropole New York leben beispielsweise vierzig Millionen Menschen, die unter härtesten Bedingungen ihr Dasein fristen müssen. Da kein Wohnraum für alle vorhanden ist, schlafen die Menschen sogar dicht gedrängt auf den Treppen von Mietshäusern, sobald die Ausgangssperre in Kraft getreten ist. Fleisch, Obst und frisches Gemüse sind zu Luxusartikeln avanciert, die sich nur Reiche wie der ehemalige Anwalt und Politiker William R. Simonson (Joseph Cotten) leisten kann, der zuletzt als Aufsichtsratsmitglied bei dem monopolistischen Nahrungshersteller Soylent tätig gewesen ist. Das Unternehmen versorgt mit seinen gelben, roten und in jüngerer Zeit die besonders beliebten grünen Plättchen her, die weltweit als Nahrung für die Menschen produziert werden. Nachdem bereits Bäume nur noch in geschützten Einrichtungen zu erleben sind, droht nun auch das Plankton in den Meeren knapp zu werden, das die Grundlage für Soylent Green darstellt. Als Robinson erschlagen in seinem luxuriösen Apartment aufgefunden wird, soll Detective Thorn (Charlton Heston) den Fall aufklären. Er verhört zunächst Simonsons Leibwächter Tab Fielding (Chuck Connors) und das Wohnungs-„Inventar” Shirl (Leigh Taylor-Young), die zusammen während der Tat einkaufen gewesen sind. Während Thorn den Leibwächter einen Bericht schreiben lässt, bedient er sich zunächst an den Äpfeln und dem Whiskey, später auch bei Shirl, die nur hoffen kann, dass sie von Simonsons Nachmieter übernommen wird und ebenso wie ihre jungen, hübschen und leicht bekleideten Freundinnen in dem an sich hochgesicherten Luxus-Apartment-Komplex so ihr unbeschwertes Leben fortführen kann. Zurück in seiner kleinen Wohnung, die er mit seinem Partner Solomon „Sol“ Roth (Edward G. Robinson) bewohnt, genießen sie nicht nur die kostbaren Leckereien, sondern Sol, der den Detective bei seiner Arbeit als eine Art „Polizeibuch“ unterstützt, wird mit der Recherche zu dem Hintergrund des Toten beauftragt. Thorn ist davon überzeugt, dass Simonson kein Opfer eines Raubmords geworden ist, sondern hingerichtet wurde. Doch als er seine Ermittlungen intensivieren will, wird er von seinem Chief (Brock Peters) zurückgepfiffen. Offensichtlich hat Gouverneur Santini (Whit Bissell) kein Interesse daran, die näheren Umstände von Simonsons Ermordung zu erfahren. Das hält Thorn jedoch nicht davon ab, weiter nach den Hintermännern des Attentats zu suchen …
In einer chronologischen Folge von Foto-Collagen rekapituliert der routinierte Regisseur Richard Fleischer („20000 Meilen unter dem Meer“, „Die Wikinger“, „Barabbas“) im Vorspann die jüngere Menschheitsgeschichte mit Bildern von Männern auf dem Land über die beginnende Industrialisierung bis zu entmenschlichter Arbeit in den Fabriken, die ihren maßgeblichen Anteil an der umfassenden Umweltzerstörung haben. In der Adaption von Harry Harrisons Roman findet Fleischer eindringliche Bilder für eine apokalyptische Welt, in der alte Männer wie Sol sich mit Wehmut an Zeiten erinnern, als Blumen auf Wiesen blühten, Tiere auf Weiden ästen und Wälder für frische Luft sorgten. Mittlerweile drängeln sich die Menschen an den Dienstagen an den Soylent-Green-Ausgabestellen, bis sie mit Gewalt auseinandergetrieben werden müssen, wenn der Vorrat aufgebracht ist. Da kommen sogar Schaufelbagger zum Einsatz, die die Menschen unerbittlich aufsammeln und wie Müll entsorgen.
Wer sich diesem Elend nicht weiter ausliefern möchte, hat aber auch die Möglichkeit, sich in einer garantiert zwanzigminütigen Wohlfühl-Atmosphäre einschläfern zu lassen. Wie sehr die Schere zwischen Arm und Reich aufklafft, zeigt sich vor allem dann, wenn Thorn Simonsons Wohnung aufsucht. Völlig fasziniert bewundert er die ausladenden Räumlichkeiten, in denen eine Klimaanlage und sogar warmes Wasser und Seife zur Verfügung stehen.
Der Krimi-Plot dient letztlich nur dazu, die Handlung voranzutreiben. Thorns Ermittlungen bilden die Grundlage, um den Zuschauer durch die dystopische Welt einer überbevölkerten, in Müll, Hunger, Elend und Korruption erstickenden Metropole zu führen, wofür Fleischer immer wieder eindrucksvolle Bilder findet. Aber „Soylent Green“ funktioniert vor allem durch die schauspielerische Qualität von Charlton Heston und Edward G. Robinson in seiner letzten Rolle. Während Thorn ganz in der neuen Welt verankert ist und weiß, wie er Vorteile nutzen kann, wenn sie sich ihm bieten, hat Sol noch lebhafte Erinnerungen an eine bessere Zeit, in der selbst zubereitete Mahlzeiten, Sonnenuntergänge, Vogelgezwitscher und das Rauschen von Bächen und Wäldern zum Alltag gehörten. Dazu sorgt Leigh Taylor-Young („Dallas“, „Picket Fences: Tatort Gartenzaun“) für das etwas Sex-Appeal in dem Männerfilm sorgt. Auch wenn das Ende nach zwei Dritteln Laufzeit vorhersehbar ist, gelingt es Fleischer, die ernüchternde, aber letztlich folgerichtige Erkenntnis spannend in Szene zu setzen. Dank der großartigen Darsteller und des überzeugenden Produktionsdesign zählt „Soylent Green“ auch noch zu den sehenswerteren Science-Fiction-Filmen der 1970er Jahre.
"Soylent Green" in der IMDb

Kommentare

Beliebte Posts