Junior Bonner

Obwohl Sam Peckinpah vor allem für seine kunstvoll stilisierten Gewaltexzesse in Meisterwerken wie „The Wild Bunch“ (1969) und „Getaway“ (1972) berühmt geworden ist, hat er zwischenzeitlich auch ruhigere, von Kritik und Publikum allerdings eher vernachlässigte Werke wie „Abgerechnet wird zum Schluss“ (1970) und „Junior Bonner“ (1972) realisiert. „Junior Bonner“ war die erste Zusammenarbeit von Peckinpah mit Superstar Steve McQueen, der hier einen alternden Rodeoreiter verkörpert, der zu einem traditionsreichen Turnier in seine Heimatstadt zurückkehrt.

Inhalt: 

Den Wilden Westen gibt es nicht mehr, doch die Tradition des Rodeo hat sich auch in der Neuzeit erhalten. Junior Bonner (Steve McQueen) reist in seinem Cabriolet mit Pferdeanhänger durch den ganzen Staat, um beim Rodeo seinen Lebensunterhalt zu verdienen, allerdings hat er seine besten Zeiten längst hinter sich, zog sich beim letzten Ritt einige Verletzungen zu und ist meistens abgebrannt. Zum Unabhängigkeitstag findet in seiner Heimatstadt in Arizona das traditionsreichste Rodeo-Turnier statt, was ihm die Möglichkeit eröffnet, auch seine Familie zu besuchen. Sein alkoholsüchtiger Vater Ace (Robert Preston) liegt allerdings mit einer Kopfverletzung im Krankenhaus und seinen geschäftstüchtigen Sohn Curly (Joe Don Baker) mal wieder Geld aus der Tasche zu ziehen, um in Australien seinen Traum von der Suche nach Gold zu verwirklichen oder einfach nur auf einer Farm Schafe zu scheren.
Juniors Mutter Elvira (Ida Lupino) hat sich mit den Eskapaden ihres Mannes längst arrangiert und findet es auch nicht weiter tragisch, dass Curly ihnen gerade mal 15.000 Dollar für ihr altes Haus gezahlt hat, damit er das Gelände, auf dem es stand, einebnen konnte, um dort Ferienhäuser zu bauen.
Während Curly den neuen amerikanischen Traum von Familie und Wohlstand lebt, hängt Junior noch an den Traditionen des alten Westens und stellt in jeder Hinsicht das Gegenteil seines Bruders dar: Junior ist weder sesshaft noch gebunden, und Geld hat er schon mal gar keins. Er träumt nur davon, auf dem legendären Bullen von Rodeoveranstalter Buck Roan (Ben Johnson) die nötigen 8 Sekunden auszuharren, um das üppige Preisgeld zu kassieren …

Kritik: 

Auch wenn Sam Peckinpah in „Junior Bonner“ ungewöhnlich sanfte Töne anschlägt, bleibt er doch seinem alten Thema einsamer Männer treu, die sich schwer damit tun, in der neu angebrochenen Epoche zurechtzukommen. In seinen früheren Western markierte vor allem das Automobil den Wechsel der Zeiten, besonders tragisch in „Abgerechnet wird zum Schluss“, als Cable Hogue am Ende sogar von einem Auto überrollt wird und an den Folgen der Verletzung sogar stirbt. In dem zeitgenössischen „Junior Bonner“ gehören Automobile längst zum Alltagsbild. Rodeos, bei denen die alten Traditionen vor dem Vergessen bewahrt werden, sind bereits Ausnahmen, die Volksfestcharakter mit Clowns und Unterhaltungsprogramm besitzen.
Der Unterschied zwischen den Epochen wird durch das Bonner-Bruderpaar dargestellt, das gegensätzlicher nicht sein könnte. Hier der sesshaft gewordene, erfolgsorientierte und verheiratete Geschäftsmann, dort der von Rodeo zu Rodeo umherziehende Cowboy, der weder an Geld noch an längeren Beziehungen zu Frauen interessiert ist. In dieser melancholischen Charakter- und Gesellschaftsstudie brilliert Steve McQueen („Getaway“, „Gesprengte Ketten“) als alternder Cowboy, der den Annehmlichkeiten und Herausforderungen des modernen Lebens selbstbewusst trotzt und weiterhin sein Ding durchzieht, auch wenn es ihn ziemlich einsam macht. Das verschiedenen Rodeowettbewerbe halten Peckinpah und sein Stamm-Kameramann Lucien Ballard auf nahezu dokumentarische Weise fest. Hier wird deutlich, was den ganzen Kerl des alten Westens ausgemacht hat, nämlich Mut und Tatendrang. Doch so ganz ohne Gewalt geht es auch in „Junior Bonner“ nicht, auch wenn sie sich auf eine launige Saloon-Schlägerei beschränkt, die sich in ihrem humorvollen Charakter wesentlich von den fatalistischen Gewaltorgien typischer Peckinpah-Filme unterscheidet.
So ist „Junior Bonner“ vor allem wegen seiner ruhigen Inszenierung und der feinsinnigen Charakterisierung des Epochenwechsels sehenswert, aber natürlich auch wegen Steve McQueen, der den Film souverän auf seinen Schultern trägt.
"Junior Bonner" in der IMDb

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