Durchgeknallt
Mit Filmen wie „Die Royal Tenenbaums“ (2001), „Die Tiefseetaucher“ (2004), „Der fantastische Mr. Fox“ (2009), „Moonrise Kingdom“ (2012) und „Grand Budapest Hotel“ (2014) hat sich der aus Houston, Texas, stammende Regisseur Wes Anderson zu einem der interessantesten Autorenfilmer seiner Zeit gemausert. Sein 1996 entstandener Debütfilm „Durchgeknallt“ entstand aus dem zwei Jahre zuvor gedrehten Kurzfilm „Bottle Rocket“ und war auch das Spielfilmdebüt der beiden Schauspiel-Brüder Luke und Owen Wilson.
Obwohl sich Anthony (Luke Wilson) freiwillig in eine psychiatrische Klinik hat einweisen lassen, organisiert sein Freund Dignan (Owen Wilson) unnötigerweise eine dramatische Flucht. Um den Schein zu wahren, seilt sich Anthony im Beisein seines behandelnden Arztes an zusammengeknoteten Bettlaken aus dem Fenster ab und wird umgehend mit Dignans ausgefeilten Lebensentwurf für die nächsten fünfzig Jahre konfrontiert. Der Plan sieht zunächst schnellen Reichtum durch einige Raubzüge vor.
Dazu holen sie sich Bob (Robert Musgrave) ins Team, der in der pompösen Villa seiner abwesenden Eltern lebt und als einziger von den drei jungen Männern über ein eigenes Auto verfügt. Für Bob bietet sich durch seine Teilnahme an Dignans ausgefeilten Coups die Chance, sich von seinem dominanten älteren Bruder zu lösen. Nachdem der tatkräftige Dignan und der eher nachdenkliche Anthony testweise in Anthonys Elternhaus eingebrochen sind, wird es beim Überfall auf eine Buchhandlung ernst.
Mit dem erbeuteten Geld machen sich die drei Freunde zu Dignans ehemaligen Arbeitgeber Mr. Henry (James Caan), der hinter der Fassade einer Gartenbaufirma der Kopf einer organisierten Verbrecherbande zu sein scheint. Doch als sich Anthony unterwegs während des Aufenthalts in einem Motel in das Zimmermädchen Inez (Lumi Cavazos) verliebt, gerät die von Dignan ausgearbeitete Lebensplanung außer Kontrolle…
Kritik:
Obwohl Wes Anderson von klein an vorhatte, Filme zu drehen, und sich ausgiebig mit den Werken von Filmemachern wie Hitchcock, Cassavetes, Peckinpah, Scorsese, Coppola, Malick, Huston und den Coen-Brüdern auseinandersetzte, brauchte es schon die Fürsprache des Produzenten James L. Brooks, um Anderson und seinen beiden Freunden Luke und Owen Wilson einen mehr als holprigen Start im Filmgeschäft hinzulegen.
„Durchgeknallt“ macht keinen Hehl daraus, von Scorseses Gangster-Filmen und Truffauts Debüt „Sie küssten und sie schlugen ihn“ (1959) inspiriert worden zu sein, doch bringt Anderson, der zusammen mit Owen Wilson auch das Drehbuch schrieb, schon den feinsinnigen Humor zum Ausdruck, der für Andersons nachfolgende Filme so typisch ist.
Allerdings macht der Mix aus Road Movie, Heist Thriller und Gauner-Komödie eine Einordnung des Films schwierig. James Caan, der nur für drei Tage am Set war, musste zugeben, dass er erst am dritten seiner Drehtage eine Idee davon bekommen hatte, in einer Komödie mitzuwirken.
Die Geschichte ist an sich wenig spektakulär und weist überhaupt keinen dramatischen Spannungsbogen auf. Andersons Debüt erzählt einfach von der etwas unbeholfenen, naiven Art und Weise, wie drei Freunde, deren Eltern quasi keine Rolle spielen, ihr Leben zu meistern versuchen. Zwar versuchen sie auch, mit schlecht bezahlten Aushilfsjobs über die Runden zu kommen, doch eine Gangster-Karriere scheint viel aussichtsreicher zu sein. Anderson inszeniert die Geschichte der drei Freunde als Aufeinanderfolge verschiedener kleiner Episoden, unter denen die Romanze zwischen Anthony und Inez und der große Coup zum Finale hin die bedeutendsten Ereignisse darstellen.
Dazu reihen sich kleinere amüsante Episoden, die die Begeisterung der Amerikaner für Feuerwaffen und Feuerwerk ebenso thematisiert wie die Gier nach schnellem Ruhm.
„Durchgeknallt“ ist bei weitem noch kein Meisterwerk, präsentiert sich aber schon als Werk eines Filmemachers mit eigener Handschrift.
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