Gosford Park

Nach seinem phänomenalen Comeback mit den Ensemble-Filmen „The Player“, „Short Cuts“ und „Prêt-à-Porter“ Anfang der 1990er wurde es um Regie-Altmeister Robert Altman („M.A.S.H.“, „Der Tod kennt keine Wiederkehr“) anschließend wieder ruhiger. Nach weitaus weniger aufwendigen und weniger erfolgreichen Werken wie „The Gingerbread Man“, „Cookies Fortune“ und „Dr. T and the Women“ fand Altman 2001 mit dem im England der 1930er Jahre angesiedelten Ensemble-Drama „Gosford Park“ wieder zu alter Stärke zurück. 

Inhalt: 

An einem Wochenende im Jahr 1932 laden der steinreiche Sir William McCordle (Michael Gambon) und seine weitaus jüngere Frau Lady Sylvia (Kristin Scott Thomas) die komplette Verwandtschaft sowie einige Gäste aus Amerika zu einer Jagdgesellschaft auf ihrem feudalen Landsitz ein. Zu den erlesenen Gästen zählen die exzentrische Gräfin von Trentham (Maggie Smith), der Schauspieler Ivor Novello (Jeremy Northam) und der Hollywood-Filmproduzent Morris Weissman (Bob Baladan). Chef-Butler Jennings (Alan Bates) und die oberste Hausdame Mrs. Wilson (Helen Mirren) haben alle Hände voll zu tun, die entsprechenden Vorbereitungen zu treffen und auch die mitangereisten Bediensteten wie die Jung-Zofe Mary (Kelly MacDonald) und Robert Parks (Clive Owen) mit in die Planung einzubeziehen. Während sich Mary mit dem ersten Hausmädchen Elsie (Emily Watson) anfreundet, die gerade ihre unglückliche Affäre mit dem Hausherren zu verarbeiten versucht, machen sich dessen Verwandte vor allem Sorgen um ihre finanziellen Zuwendungen durch Sir McCordle. Das Familienoberhaupt kümmert sich nicht um die gesitteten Gepflogenheiten der Upper Class und macht sich durch seine forschen Äußerungen nicht besonders beliebt bei seiner Verwandtschaft. Prompt wird er am zweiten Abend der Gesellschaft tot in seinem Arbeitszimmer aufgefunden. Allerdings war nicht das aus seiner Brust ragende Messer die Todesursache, sondern ein vergifteter Drink. Als Inspektor Thompson (Stephen Fry) mit dem pflichtbewussten Constable Dexter (Ron Webster) die Verwandten des Ermordeten befragt, wird sehr schnell deutlich, dass jeder von den Anwesenden ein Motiv für den Mord gehabt hat… 

Kritik: 

Auch wenn sich Robert Altman mit „Gosford Park“ in eine für ihn ungewöhnliche Ära bewegt hat, bleibt er sich doch insofern treu, als er auch im England der frühen 1930er Jahre genüsslich die Manierismen der Gesellschaft entlarvt. Es ist nicht ganz leicht, das imponierende Figuren-Ensemble zu überblicken, das sich auf dem prunkvollen McCordle-Landsitz tummelt, zumal Altman und sein Drehbuchautor Julian Fellowes („Downtown Abbey“, „Geliebte Lügen“) ihre Aufmerksamkeit gleichermaßen der Upper Class und der Dienerschaft widmen und sich Mühe geben, jeder Figur einen einzigartigen Charakter zu verleihen. 
Dabei macht es einfach Spaß, wie sich die Herrschenden ebenso wie die Bediensteten über Affären und andere Verfehlungen austauschen, während an der Oberfläche alles seinen geregelten Gang geht und niemand das Gesicht bzw. seine finanzielle Zuwendung oder seinen Job verlieren will. Der Mord an dem unausstehlichen Sir William McCordle, dem zuvor bei einem Jagdausflug schon fast das Ohr abgeschossen worden war, dient zwar als dramaturgischer Höhepunkt, doch spielt das Whodunit-Rätsel um den Täter eine eher untergeordnete Rolle, wie auch die ungelenken Ermittlungen des Inspektors zeigen, der konsequent wichtige Hinweise seines Constables ignoriert. 
Vielmehr entfacht der Mord weitere Gespräche, in denen meist aus der Sicht der Dienerschaft die familiären Hintergründe, amouröse Beziehungen und Motive erörtert werden, die einen zynischen Blick auf die obere Gesellschaft werfen, aber auch die harten Arbeitsbedingungen der Bediensteten thematisieren, die sich ganz ihren Aufgaben widmen und kein eigenes Leben haben. Altman erweist sich als routinierter Meister der Inszenierung, bei der das famose Ensemble, das mit Stephen Fry, Maggie Smith, Kristin Scott Thomas, Michael Gambon und vielen mehr die erste Garde der britischen Darsteller umfasst, ganz wunderbar aufspielt. 
Die edlen Bilder von Kameramann Andrew Dunn („Bodyguard“, „Hexenjagd“) und der zurückhaltende Score von Patrick Doyle („Mord im Orient-Express“, „Donnie Brasco“) runden das Sittengemälde passend ab.  

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