Die Royal Tenenbaums
Nach einem ersten Achtungserfolg mit seinem vom Martin Scorsese hochgelobten Debüt „Bottle Rocket“ (1996) und seinem wunderbar schrägen Coming-of-Age-Comedy-Drama „Rushmore“ (1998) rückte Wes Anderson die Familie in den Mittelpunkt seines nächsten Films „Die Royal Tenenbaums“ (2001). Bill Murray, Star von Andersons Filmen „Rushmore“ und „Die Tiefseetaucher“, spielt zwar nur eine Nebenrolle, dafür verkörpern Gene Hackman, Angelica Huston, Danny Glover, Ben Stiller und die beiden Brüder Luke und Owen Wilson den Wahnsinn einer dysfunktionalen Familie.
Inhalt:
Der erfolgreiche Anwalt Royal Tenenbaum (Gene Hackman) hat mit seiner Frau Etheline (Anjelica Huston), einer prominenten Archäologin, haben drei wunderbar talentierten Kindern ein Heim gegeben. Während Chas erfolgreich Dalmantiner-Mäuser züchtete und zum Finanz-Genie avancierte, brachte es Richie zum Tennis-Wunder, der mehrmals hintereinander die US-Open für sich entscheiden konnte. Adoptivtochter Margot schrieb preisgekrönte Theaterstücke. Doch nachdem Etheline nach 22 Jahren ihren Mann nach dessen unzähligen Affären aus dem Haus geworfen hatte, ging die ganze Familie in die Brüche. Royal wurde die Lizenz als Anwalt entzogen und steht nun zahlungsunfähig davor, aus dem Hotel geworfen zu werden, in dem er seit der Trennung von Etheline gelebt hat.
Richie (Luke Wilson) hat seine Karriere beendet, als er miterleben musste, wie sein heimliches Liebesobjekt Margot (Gwyneth Paltrow) den Neurologen Raleigh St. Clair (Bill Murray) heiratete. Chas (Ben Stiller) kompensiert den Unfalltod seiner Frau damit, seine beiden Söhne vor allen möglichen Gefahren beschützen zu wollen. Als Royal wegen unbezahlter Rechnungen aus dem Hotel geworfen wird, sieht der mittellose Mann nur noch einen Ausweg: Unter Vorspiegelung einer schweren Erkrankung, die ihm nur noch sechs Monate zu leben ermöglicht, will er zurück nach Hause und sich mit seiner Familie aussöhnen. Dass Etheline mit dem Gedanken spielt, ihren langjährigen Steuerberater Henry Sherman (Danny Glover) zu heiraten, setzt ihm allerdings ordentlich zu. Schließlich kehren auch Richie, Margot und Chas nach Hause zurück, während Richies Jugendfreund Eli Cash (Owen Wilson) mit seinem zweiten Roman in aller Munde ist. Als Raleigh St. Clair allerdings einen Privatdetektiv engagiert, um herauszufinden, ob ihn Margots ihn wegen eines anderen Mannes verlassen hat, gerät das fragile Konstrukt der Tenenbaums arg ins Wanken…
Kritik:
Wie schon bei seinen beiden vorangegangenen Filmen schrieb Wes Anderson auch zu „Die Royal Tenenbaums“ das Drehbuch gemeinsam mit seinem Kumpel Owen Wilson und verarbeitete damit die Scheidung seiner eigener Eltern. Mit „Die Royal Tenenbaums“ führt Anderson seinem Publikum vor, was die Trennung der Eltern für irreparable Schäden bei den Kindern hervorrufen kann. Natürlich überspitzt der Filmemacher einmal mehr Charaktere und Situationen, wenn er aus echten Wunderkindern, die in Sport, Wirtschaft und Kunst Großes geleistet haben, durch die Trennung ihrer Eltern in Depressionen verfallen und nichts mehr auf die Reihe bekommen.
Gene Hackman („French Connection“, „Erbarmungslos“) hat dabei die dankbarste und vielschichtige Rolle des schmierigen Anwalts, der aus der Not heraus reumütig zu Etheline und den Kindern zurückkehrt und ehrlich bemüht ist, verlorenen Boden wieder gutzumachen. Wie er mit Chas‘ Kindern, die ebenso wie ihr Vater in einem roten Trainings-Anzug herumrennen, rote Ampeln ignoriert, Ladendiebstähle begeht und auf einem Müllwagen mitfährt, ist ebenso witzig inszeniert wie Richies Versagen auf dem Tennisplatz, während seine geliebte Margot auf der Tribüne neben ihrem frisch geehelichten Mann sitzt.
Wie immer hat Anderson sehr viel Wert auf die artifiziell wirkende Ausstattung gelegt und seinen Film mit unzähligen Anekdoten und Verweisen geschmückt, die sich oft erst nach mehrmaligem Genuss offenbaren. Am offensichtlichsten erinnert Richies Stirnband an Tennis-Star Björn Borg, während die Bücher, die hin und wieder ins Bild gelangen, für Anderson stets eine persönliche Bedeutung haben. So schwer es auch ist, die verschrobenen Figuren ins Herz zu schließen, ist Anderson doch ein vielschichtiges Familien-Panorama gelungen, das durch seinen ausführlichen Prolog mit den Erfolgen der Kinder, verschiedenen Rückblicken und den unterschiedlichsten Schicksalen aller Tenenbaums sowohl humorvolle wie nachdenkliche Momente in sich vereint.
Ein stimmungsvoller Soundtrack mit Songs von Bob Dylan, The Clash, Paul Simon, Elliott Smith, John Lennon, Nico und The Rolling Stones rundet den New Yorker Ensemble-Film wunderbar ab.
Kommentare
Kommentar veröffentlichen