Dead Man Walking

Tim Robbins hat sich seit den 1980er Jahren mit Rollen in Filmen wie „Pinguine in der Bronx“, „Annies Männer“, „Erik der Wikinger“, „Jacob’s Ladder“ und „The Player“ für größere Aufgaben empfohlen und 1992 mit der Polit-Komödie „Bob Roberts“ auch seinen erfolgreichen Einstand als Drehbuchautor und Regisseur gefeiert. Sein Meisterwerk lieferte Robbins mit seinem nächsten Regiewerk ab, mit dem er seiner damaligen Lebensgefährtin Susan Sarandon ihren ersten und bislang einzigen Oscar bescherte. „Dead Man Walking“ (1995) erweist sich dabei als differenzierte Auseinandersetzung mit der Todesstrafe. 

Inhalt: 

Bereits seit sechs Jahren sitzt Matthew Poncelet (Sean Penn) aufgrund eines mit einem Komplizen begangenen Mordes an einem jugendlichen Paar in der Todeszelle, als er sich angesichts des heranrückenden Hinrichtungstermins an die Nonne Helen Prejean (Susan Sarandon) wendet, damit diese eine erneute gerichtliche Untersuchung erwirkt. Obwohl Helen noch nicht mit einem Schwerverbrecher zu tun hatte und von dem Gefängnispfarrer Farley (Scott Wilson) eindringlich gewarnt, von dem Todeskandidaten manipuliert zu werden, schreibt sie ihm und besucht ihn schließlich auch im Staatsgefängnis von New Orleans. 
Zu ihrer Überraschung findet sie einen arroganten, sexistischen, rassistischen und von jeglicher Reue weit entfernten Menschen vor, der weiterhin seine Unschuld beteuert und seinen „nur“ zu lebenslänglicher Haft verurteilten Mittäter für die Morde verantwortlich macht. Trotz seiner zynischen, ablehnenden Art treibt Helen mit Hilton Barber (Robert Prosky) einen Anwalt auf, der sich bereit erklärt, noch die letzten Möglichkeiten für ein Berufungsverfahren auszuschöpfen. Dabei begegnet Helen auch den Eltern der beiden ermordeten Kinder, den Percys (R. Lee Ermey, Celia Weston) und Earl Delacroix (Raymond J. Barry), dessen Ehe durch die Ermordung seines Sohnes zerbrochen ist und der ebenso wie die Percys eine Vergeltung für den Mord an ihren Kindern einfordert. 
Als der Vollstreckungstermin in greifbare Nähe rückt, erklärt sie sich bereit, als seelischen Beistand für Poncelet zu fungieren, setzt sich aber auch so intensiv mit den Eltern der getöteten Kinder auseinander, dass sie an ihrer Entscheidung zu zweifeln beginnt… 

Kritik: 

Für seine zweite Regiearbeit hat sich Tim Robbins des Buches „Dead Man Walking – Sein letzter Gang“ von Ordensschwester Helen Prejean angenommen, der Film kombiniert allerdings zwei unterschiedliche Straffälle, bei denen die zwei US-amerikanischen Mörder Elmo Sonnier und Robert Lee Willie jeweils eine ähnliche Straftat begangen hatten und hierfür 1984 auf dem Elektrischen Stuhl hingerichtet wurden. Während sich viele Filme wie die John-Grisham-Verfilmung „Die Kammer“ oder die Stephen-King-Verfilmung „The Green Mile“ eindeutig als Plädoyer gegen die Todesstrafe verstehen, lässt Robbins, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, den Zuschauer darüber entscheiden, wie er sich zu dem Thema positioniert. 
Robbins portraitiert Schwester Helen Prejean als unkonventionelle Nonne, die als Sozialarbeiterin in einem Ghetto vor allem für Kinder und Jugendliche tätig ist und von Poncelets Einsamkeit und Hilflosigkeit so berührt ist, dass sie sich entschließt, ihm zur Seite zu stehen. Robbins‘ Film lässt nie einen Zweifel an Poncelets (Mit-)Schuld und bringt nie die Hoffnung auf Erlösung zum Ausdruck. Stattdessen zeichnet er auf fast schon semi-dokumentarische Weise das streng ritualisierte Mahlen der Justiz nach, das einsame Leben hinter den Gefängnismauern, das noch einsamere Dasein in der Todeszelle bis zum Ausruf „Dead Man Walking“, den US-amerikanische Gefängniswärter benutzten, wenn ein zum Tode Verurteilter aus seiner Zelle zum Hinrichtungsraum geführt wird. 
Robbins lässt das Publikum darüber entscheiden, ob ein Sünder nach dem alttestamentarischen „Auge um Auge, Zahn um Zahn“-Prinzip büßen oder lebenslang unter teils unmenschlichen Bedingungen inhaftiert und vor der Gesellschaft weggesperrt bleiben sollte. Natürlich muss sich Helen als Nonne immer wieder mit biblischen Diskursen auseinandersetzen, bemüht auch Robbins biblische Motive, wenn Poncelet am Ende wie gekreuzigt auf der Bahre festgeschnallt wird, auf der er seine tödlichen Injektionen erhalten wird. 
„Dead Man Walking“ überzeugt nicht nur durch seine differenzierte, unvoreingenommene Auseinandersetzung mit der Todesstrafe, sondern vor allem auch durch die schauspielerischen Glanzleistungen von Susan Sarandon („Die Hexen von Eastwick“, „Thelma & Louise“) und Sean Penn („Im Vorhof zur Hölle“, „Auf kurze Distanz“), die dem Drama bis zum Schluss seine Glaubwürdigkeit verleihen. 

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