Der Patriot

Der Schwabe Roland Emmerich filmt spätestens seit seinem Alien-Invasion-Drama „Independence Day“ (1998) in allergrößten Maßstäben. Da macht vor allem sein Kriegsdrama „Der Patriot“ (2000) rund um die Bemühungen der amerikanischen Siedler, sich vom britischen Königreich zu emanzipieren, keine Ausnahme. Mit Hollywood-Star Mel Gibson ist das Spektakel Blockbuster-tauglich besetzt, doch mit der historischen Genauigkeit nimmt es der deutsche Filmemacher erwartungsgemäß nicht so genau.

Inhalt: 

Als die Amerikaner am 4. Juli 1776 ihre Unabhängigkeit von der britischen Krone erklären, finden sich die Kolonialherren mit der Entscheidung natürlich nicht ab und wollen auf militärische Weise den Status Quo erhalten. Der seit drei Jahren verwitwete ehemalige Kriegsheld Benjamin Martin (Mel Gibson) lebt mit seinen sieben Kindern auf einer kleinen Plantage in South Carolina und versucht, seine Vergangenheit als grausamer Held des Franzosen- und Indianerkriegs zu vergessen. Nachdem sich South Carolina bei einer Abstimmung in Charleston dafür entscheidet, sich als neunter Staat der Dreizehn Kolonien an der Unterstützung der Kontinentalarmee zu beteiligen, schließt sich sein ältester Sohn Gabriel (Heath Ledger) ohne väterliche Erlaubnis der Kontinentalarmee an, wo er unter die Fittiche von Colonel Harry Burwell (Chris Cooper) genommen wird, einem Kriegskameraden von Gabriels Vater. 
Als zwei Jahre später die Gefechte auch nahe der Plantage stattfinden, taucht Gabriel mit einer Depesche nach Hillsborough verletzt zuhause auf. Nachdem Martin Verwundete beider Lager auf seinem Grund versorgen ließ, inspizieren Britische Infanterie und Kavallerie die Farm und finden die Depesche. Der grausame Oberst der „Grünen Dragoner“, William Tavington (Jason Isaacs), befiehlt dem Leutnant der Infanterie, Gabriel als Spion öffentlich in Camden zu hängen, die verletzten Briten ins Lazarett nach Winnsboro zu bringen, die verwundeten gegnerischen Soldaten zu erschießen, die Farm anzuzünden und das Vieh bis auf die Pferde zu töten. 
Martins zweitältester Sohn Thomas (Gregory Smith) wird von Tavington erschossen, als er durch Anrempeln von Soldaten Gabriel zur Flucht verhelfen will. Martin bereitet in aller Eile mit seinen beiden nächstjüngeren, noch kindlichen Söhnen der sich nach Camden bewegenden Gruppe einen Hinterhalt und befreit Gabriel. Zusammen mit Gabriel und dem französischen Offizier Jean Villeneuve (Tchéky Karyo) gründet Martin eine Guerilla-Miliz und unterstützt die Kontinentalarmee im Widerstand gegen die Briten… 

Kritik: 

Während Hollywood sich in der Vergangenheit, vor allem zu Hochzeiten des Westerns, bevorzugt dem Bürgerkrieg zwischen Nord und Süd widmete, schlägt Roland Emmerich („2012“, „The Day After Tomorrow“) mit dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg ein weniger populäres, nichtsdestotrotz grausames Kapitel der amerikanischen Geschichtsschreibung auf. Er konzentriert sich nach einem Drehbuch von Robert Rodat („Amy und die Wildgänse“, „Der Soldat James Ryan“) auf den Höhepunkt des ab 1775 acht Jahre andauernden Krieges zwischen den „Dreizehn Kolonien“ und der britischen Kolonialmacht, der 1776 erst zur Unabhängigkeitserklärung, 1777 zur Bildung der Konföderation und schließlich zur Entstehung der Vereinigten Staaten von Amerika führte. 
Besonders genau nehmen es Rodat und Emmerich bei „Der Patriot“ mit der historischen Stimmigkeit nicht. Emmerich beschränkt sich auf eine sehr einseitige Darstellung der Kriegsparteien, lässt zwischen den guten Kontinentalsoldaten und den sadistischen, überheblichen britischen Kolonialherren keinen Raum für moralische Grauzonen. Vereinfachend wird die Kriegsteilnahme von Indianerstämmen ebenso ausgespart wie die Kampfteilnahme von französischen Landtruppen aufseiten der Revolutionäre. Dafür lässt Emmerich seine Protagonisten in einem wahren Blutrausch ihre jeweiligen Missionen ausführen. Wenn Mel Gibsons Benjamin Martin (der von Francis Marion, dem Anführer der Whig-Milizen, inspiriert worden ist) bei der Befreiung seines Sohnes den letzten britischen Soldaten mit einem Beil niederstreckt, schlägt er so lange auf ihn ein, bis er selbst von oben bis unten mit dem Blut seines Gegners bespritzt ist. 
Auf der anderen Seite kennt der herrlich diabolisch agierende Jason Isaacs („Harry Potter und die Kammer des Schreckens“, „The Death of Stalin“) kein Pardon und lässt selbst unschuldige Zivilisten mit ihren Kindern als Verräter in einer Kirche einsperren und diese niederbrennen. 
Neben den eindrucksvoll inszenierten Szenen auf dem Schlachtfeld findet Emmerich aber auch Raum für ein paar dramatische Momente rund um Martins Kinder, die er bei Charlotte Selton (Joely Richardson), der Schwester seiner verstorbenen Frau, unterbringt und mit der er schließlich eine romantische Beziehung eingeht. Damit schafft Emmerich einen ausgleichenden Ruhepol zu dem blutigen Kampfgeschehen, das natürlich auf den Zweikampf zwischen Tavington und Martin hinausläuft. 
Der pathetische Americana-Score von John Williams ist da vielleicht etwas zu viel des Guten, doch passt die Musik wiederum zu Emmerichs Anspruch, amerikanischer als die Amerikaner selbst sein zu wollen. 

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