Gloria, die Gangsterbraut

John Cassavetes hat mit seinen frühen Filmen als Drehbuchautor und Regisseur („Schatten“, „Gesichter“) maßgeblich das US-amerikanische Independent-Kino und Bewegungen wie New Hollywood geprägt und wurde u.a. durch seine besondere Art, die Schauspieler in seinen Filmen in den Vordergrund zu rücken, geschätzt. Das trifft insbesondere auf seine Frau Gena Rowlands zu, der er 1980 auch das Mafia-Drama „Gloria, die Gangsterbraut“ auf den Leib geschrieben hat. 

Inhalt: 

Jack Dawn (Buck Henry) arbeitet in New York als Buchhalter für die Mafia und fürchtet um sein Leben und das seiner Familie, hat er doch die brisanten Details der Geschäfte seines Arbeitgebers nicht nur in seinem Notizbuch gespeichert, sondern sich auch noch an das FBI gewandt. Bevor er seine puerto-ricanische Familie in Sicherheit bringen kann, sind die Mafia-Killer auch schon ins Wohnhaus eingedrungen. Als die 50-jährige Nachbarin Gloria (Gena Rowlands) an der Haustür klingelt, um sich etwas Kaffee zu borgen, drängt Jack ihr seinen sechsjährigen Sohn Phil (John Adames) auf, dem er gerade noch das delikate Notizbuch anvertraut hat, und bittet sie, sich um ihn zu kümmern. Gloria ist alles andere angetan von dieser Bürde, hasst sie doch Kinder und ist zudem die ehemalige Geliebte des Mafiabosses, der sich nach wie vor um ihren Lebensunterhalt kümmert. 
Ihr ist durchaus bewusst, dass sie selbst von den Schergen ihres Ex-Lovers gesucht wird, wenn sie mit dem Jungen flieht. Doch als sie im Treppenhaus mitanhören muss, wie Phils Mutter Jeri (Julie Carmen), mit der sie befreundet war, ihre Tochter und ihr Mann massakriert werden, sieht sie keinen anderen Ausweg, als den Jungen unter ihre Fittiche zu nehmen. Die Beziehung zwischen den beiden gestaltet sich von Beginn an schwierig, doch im Verlauf ihrer Flucht kommen sich die ehemalige Gangsterbraut und der vorlaute Junge langsam näher. Um für alle Beteiligten einen Schlussstrich ziehen zu können, sucht Gloria sogar ihren Ex-Lover Tony Tanzini (Basilio Franchina) auf… 

Kritik: 

Mit seinem zehnten Film präsentiert Cassavetes alles andere als einen klassischen Gangsterfilm, denn die Hauptrolle wird von einer Frau verkörpert, die zwar aus dem Milieu stammt und die Gepflogenheiten kennt, die den Umgang mit Menschen und Geschäften bestimmen, die dieses Wissen aber gegen die Schergen wendet, die ihr und dem Jungen, der ihr anvertraut worden ist, auf den Fersen sind. 
Cassavetes, der auch das Drehbuch zu „Gloria“ verfasst hat, setzt dabei weniger auf Action, sondern auf die zwischenmenschlichen Aspekte. Es wird nie überzeugend thematisiert, warum Gloria den Jungen nicht den staatlichen Behörden übergibt, aber die enge Verbindung zwischen der Ex-Gangsterbraut und dem zum Vollwaisen gewordenen Jungen stellt auch die treibende Kraft in der Story dar. Phil reißt die zuvor allein mit ihrer Katze lebende Gloria aus der Lethargie ihrer Einsamkeit, verhilft ihr zu einem Sinn, zu einer Aufgabe, der sie sich im Nu auch mit vollen Kräften widmen muss, um zu überleben. 
Dabei scheut sie sich nicht, die Waffe gegen Tanzinis Handlanger zu richten und sich auch mal den Weg freizuschießen.  
Cassavetes ist so ein herrlich ironischer Gangsterfilm mit ungewöhnlichen Vorzeichen gelungen, wobei nicht nur Gena Rowlands grandios spielt, sondern auch das Lokalkolorit großartig eingefangen worden ist und Bill Contis Score die Stimmung perfekt untermalt.  

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