Das Bourne Vermächtnis

Was tun, wenn weder Regisseur noch Hauptdarsteller Lust haben, ein überaus erfolgreiches Franchise fortführen zu wollen? Vor dieser Frage stand das Universal-Studio, als Jason-Bourne-Darsteller Matt Damon verkündete, ohne „seinen“ Regisseur Paul Greengrass nicht weiter in die Rolle des von seinen eigenen Leuten gejagten CIA-Agenten zu schlüpfen, nachdem Greengrass der starken Film-Reihe nichts mehr hinzuzufügen hatte. Überraschenderweise gelingt es Drehbuchautor Tony Gilroy („Michael Clayton“), der nun auch den Regiestuhl besetzt, mit „Das Bourne Vermächtnis“ weniger eine Fortsetzung als eine interessante Nebenhandlung zu inszenieren, die durchaus Potential besitzt, ebenso erfolgreich fortgesetzt zu werden wie die mit Matt Damon produzierte „Bourne“-Trilogie. 
Nachdem Jason Bourne nicht wie geplant ausgeschaltet werden konnte, ist die CIA in höchster Alarmbereitschaft, drohen doch all ihre streng geheimen Programme aufzufliegen. Um weitere Katastrophen wie die Treadstone-Operation auszuschließen, wird Eric Byer (Edward Norton) als Direktor der Geheimorganisation NRAG (National Research Array Group) damit beauftragt, alle Agenten des noch laufenden Programms Outcome zu eliminieren. Zunächst wird der britische Journalist Simon Ross, der die Treadstone-Geschichte publik zu machen plante, hingerichtet, dann wird eine Drohne auf Outcome-Agent Nr. 5, Aaron Cross (Jeremy Renner) angesetzt, der sich gerade bei der Absolvierung eines Überlebens-Programms in den verschneiten Bergen aufhält. Doch Cross überlebt das Attentat und kann nach Maryland fliehen, wo in einem Labor die Medikamente aufbewahrt werden, die Cross zur Aufrechterhaltung seiner übermenschlichen mentalen und physischen Fähigkeiten benötigt. Nach dem Amoklauf eines Mitarbeiters hat dort aber nur die Wissenschaftlerin Dr. Marta Shearing (Rachel Weisz) überlebt, die ihrerseits ebenfalls auf der Todesliste der NRAG steht. Cross rettet die Frau und flieht mit ihr auf die Philippinen flieht, wo die für Cross überlebenswichtigen Medikamente hergestellt werden. Doch Byer und seine Häscher sind dem Paar dicht auf den Fersen ... 
Im Gegensatz zu den atemraubenden Action-Feuerwerken, die Greengrass mit „Die Bourne Verschwörung“ und „Das Bourne Ultimatum“ abgefackelt hat, setzt Gilroy in „Das Bourne Vermächtnis“ auf eine zunächst behutsame Einführung des neuen Super-Agenten Aaron Cross. Jason Bourne taucht nur noch als Gesprächsthema, als Foto in den Nachrichten oder als ins Holz geritzter Namenszug auf, um zu demonstrieren, dass die hier geschilderten Ereignisse parallel zu der Story von „Das Bourne Ultimatum“ angesiedelt sind, doch Gilroy versteht es dabei meisterhaft, die „Nebenhandlung“ mit einer Brisanz und Spannung auszustatten, dass das Interesse des Zuschauers schnell von Jason Bourne auf das Schicksal von Aaron Cross wechselt. Vor allem demonstriert der Autor/Regisseur die Kaltblütigkeit eines Geheimdienstes, für den das Gelingen einer Operation über allem steht. In dieser Hinsicht stellt der grandios aufspielende Edward Norton („Fight Club“, „25 Stunden“) in seiner Rolle den Inbegriff eines Systems dar, in dem der einzelne Mensch absolut nichts zählt. Auf der anderen Seite bietet „The Hurt Locker“-Star Jeremy Renner eine ebenso körperlich intensive wie zugleich überraschend gefühlvolle Performance als genmanipulierter Geheimagent, der weit mehr als nur ein programmierbarere Killer ist. 
Im Vergleich zu Greengrass' wild inszenierten Action-Verfolgungsjagden und spektakulären Kampfszenen ist „Das Bourne Vermächtnis“ recht moderat ausgefallen, was der Qualität des Films allerdings keinen Abbruch tut. Vielmehr legt Gilroy mit seinem Kameramann Robert Elswit („Salt“, „There Will Be Blood“) und Komponist James Newton Howard („The Hunger Games“, „The Tourist“) den vielversprechenden Grundstein für die neue Ausrichtung einer erfolgreichen Action-Filmreihe. 

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