Tödliche Versprechen - Eastern Promises

Mit seinem vorangegangenen Film „A History of Violence“ hat der kanadische Autorenfilmer David Cronenberg sich jenseits seiner extremen Beiträge zum Science-Fiction- und Body-Horror-Genre auch beim konventionelleren Thriller-Publikum einen Namen machen können und nebenbei „Der Herr der Ringe“-Star Viggo Mortensen als Charakter-Darsteller etabliert. Mortensen darf auch in Cronenbergs nachfolgendem Werk „Tödliche Versprechen“ (2007) die Hauptrolle übernehmen und noch nuancierter eine faszinierende Rolle verkörpern, die diesmal ganz in der russischen Unterwelt verankert ist. 

Inhalt:

Die gerade mal 14-jährige Prostituierte Tatiana (Sarah-Jeanne Labrosse) wird mit starken Unterleibsblutungen in ein Londoner Krankenhaus eingeliefert, wo sich die ebenfalls russisch-stämmige Krankenschwester Anna (Naomi Watts) der Schwerverletzten annimmt. Während die junge Mutter stirbt, kann zumindest das Kind gerettet werden. Mit Hilfe eines Tagebuchs, das die Verstorbene bei sich getragen hat, versucht Anna, die Familie des verwaisten Säuglings ausfindig zu machen. Einziger Anhaltspunkt in dem Tagebuch für Anna ist die Adresse eines russischen Restaurants, das die engagierte Krankenschwester aufsucht, während ihr Onkel das Tagebuch zu übersetzen versucht. Der Restaurantbesitzer Semyon (Armin Mueller-Stahl) nimmt sich seiner Besucherin überaus väterlich an und bietet ihr seinerseits an, das Tagebuch zu übersetzen. Schließlich ahnt Anna nicht, dass Semyon der Patriarch der russischen Mafia in London ist, der rücksichtslos sein Reich verteidigt. Das Tagebuch enthüllt nämlich, dass das tote Mädchen von niemand Geringerem als Semyon vergewaltigt worden ist. Sein Sohn Kirill (Vincent Cassel) und Fahrer Nikolai (Viggo Mortensen) gehen Semyon bei der Beschaffung des Tagebuchs tatkräftig zur Hand. Annas Familie schwebt in höchster Gefahr, aber auch Nikolai, der von Semyon für seinen brutalen Sohn im Mafiakrieg geopfert werden soll, muss sich nackt in einer Sauna einem tödlichen Messerkampf stellen … 

Kritik: 

Der kanadische Regisseur David Cronenberg, der in seinen Filmen mit Vorliebe die Mechanismen der Gewalt thematisiert, wendet sich mit seinen jüngeren Filmen zunehmend an ein breiteres Publikum, ohne seine drastische Bildsprache dafür zu opfern. Schonungslos portraitiert er in „Tödliche Versprechen“ die Strukturen eines russischen Mafia-Clans, der keine gesellschaftlichen Regeln einzuhalten braucht außer die der eigenen Familie. 
Die Story verkommt dabei fast zur Nebensache. Das bei der verstorbenen jungen russischen Mutter gefundene Tagebuch mit einer Visitenkarte des von Semyon geführten Restaurants dient nur als Aufhänger, um die verschiedenen Seiten russischen Lebens in der Weltmetropole London aufzuzeigen – hier die unauffällige Kleinfamilie mit der Krankenschwester Anna, die nach der Trennung von ihrem Freund, einem Arzt, und der kürzlich erlittenen Fehlgeburt wieder bei ihrer Mutter Helen (Sinhead Cusack) und ihrem trinkfreudigen, verletzend direkten Onkel Stepan (Jerzy Skolimowski) eingezogen ist; dort die nach strengem Kodex lebende Russenmafia der Vory V Zakone. Hier geben sich Drehbuchautor Stephen Knight („Kleine schmutzige Tricks“, „Allied: Vertraute Fremde“) und Regisseur Cronenberg viel Mühe, die unterschiedlichen Charaktere in Semyons Regime zu charakterisieren. 
Neben dem väterlich wirkenden, doch unbarmherzigen Clan-Chef Semyon, dessen Gräueltaten nur aus dem Tagebuch der Toten im Kopf des Zuschauers zu erahnen sind, steht sein nach außen hin temperamentvolle und hitzige Sohn Kirill, der von Vincent Cassel („Die purpurnen Flüsse“, „Pakt der Wölfe“) herrlich überdreht dargestellt wird, wobei seine Figur als letztlich sehr verletzlich und schwach rüberkommt. Mortensens Nikolai wirkt als Chauffeur zunächst eher unbeteiligt, avanciert aber zunehmend als stärkste Figur in dem Thriller-Drama, das einmal mehr das Gewaltpotential im Menschen auslotet. Der hochkarätige Cast, der melancholisch-schwere Violinen-Score von Cronenbergs Hauskomponisten Howard Shore und die expliziten, die Atmosphäre des Films unterstützenden Gewaltszenen machen den kompromisslosen Thriller zu einem echten Meisterwerk.
"Tödliche Versprechen" in der IMDb

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