Bonnie und Clyde

Nachdem Arthur Penn in den 1950er Jahren noch ausschließlich fürs Fernsehen Serienfolgen für „The Gulf Playhouse“, „The Philco Television Playhouse“ und „Playhouse 90“ inszenierte, feierte er 1958 mit dem Paul-Newman-Western „Einer muss dran glauben“ ein beachtenswertes Kinodebüt und legte nach „Unter anderer Sonne“ (1962), „Mickey One“ (1965) und „Ein Mann wird gejagt“ (1966) mit der von Hauptdarsteller Warren Beatty produzierten Gangster-Ballade „Bonnie und Clyde“ (1967) ein zunächst verhalten aufgenommenes, dann aber gefeiertes, zehnfach Oscar-nominiertes Meisterwerk vor, das zum Aushängeschild der New-Hollywood-Bewegung werden sollte. 

Inhalt: 

Die attraktive Kellnerin Bonnie Parker (Faye Dunaway) ist gerade nackt, wie Gott sie geschaffen hat, ihrem Bett entstiegen, als aus ihrem Zimmerfenster heraus beobachtet, wie ein Fremder sich an dem Wagen ihrer Mutter zu schaffen macht. Sie stellt den Mann zur Rede, wirft sich ein paar Sachen über und konfrontiert ihn an Ort und Stelle mit seinem zweifelhaften Vorhaben. Der Mann stellt sich als Clyde Barrow (Warren Beatty) vor und umgarnt die junge Frau so mit seinem Charme, dass sie ihn fortan begleitet. Dass der offensichtlich abgebrannte, aber adrett gekleidete Kerl gerade eine Gefängnisstrafe wegen eines Überfalls abgesessen haben soll, kauft sie ihm allerdings nicht ab. Doch als Clyde eine Waffe zieht und einen Lebensmittelladen überfällt, ist Bonnie ebenso wie Clyde ganz versessen darauf, den Kick von Überfällen zu genießen. 
Allerdings stellen sie sich zunächst nicht besonders geschickt dabei an: Die erste Bank, die sie überfallen, ist gerade erst bankrottgegangen: bei einem Überfall auf einen Lebensmittelladen wird Clyde von einem Schlachter attackiert, den er zwar außer Gefecht setzen kann, der ihn aber später der Polizei gegenüber in der Verbrecherkartei identifiziert. Doch von diesen Rückschlägen lassen sich Bonnie und Clyde nicht unterkriegen. Sie nehmen den etwas einfältigen Tankstellen-Angestellten C. W. Moss (Michael J. Pollard) und dann auch Clydes Bruder Buck Barrow (Gene Hackman) und dessen Frau Blanche (Estelle Parsons) in ihre Barrow-Bande auf. Mit der Zeit entwickelt die Bande eine gut funktionierende Routine bei ihren Überfällen, doch geraten Bonnie, Clyde und Co. immer mehr ins Visier der Polizei, die sogar mit gepanzerten Fahrzeugen Jagd auf die immer populärer werdenden Räuber macht. Schließlich geraten Bonnie und Clyde in einen Hinterhalt … 

Kritik:

Das Autoren-Duo David Newman und Robert Benton („Zwei dreckige Halunken“, „Superman“) haben sich die wahre Geschichte von Bonnie Parker und Clyde Barrow vorgenommen, um sie nach dem Vorbild der beiden Filme „Schießen Sie auf den Pianisten“ (1960) und „Jules und Jim“ (1962) von François Truffaut in ein Drehbuch zu verwandeln, das allerdings weder Truffaut selbst noch sein Nouvelle-Vague-Kollege Jean-Luc Godard verfilmen wollten. Warren Beatty („Mitgiftjäger“, „Bugsy“) war aber so von dem Skript angetan, dass er es Arthur Penn anbot, unter dem er bereits die Hauptrolle in „Mickey One“ gespielt hatte, und den Film selbst produzierte. Damit unterlief er den bislang übermächtigen Einfluss der großen Hollywood-Studios und legte den Film in die Hände eines Regisseurs, der sich bereits in seinem in nur 23 Tagen abgedrehten Regiedebüts „Einer muss dran glauben“ mit den Stilmitteln der Nouvelle Vague wie den Einsatz von Zeitlupe und sprunghaften Schnittfolgen auseinandersetzte und Gewalt als uramerikanisches Mittel der Auseinandersetzung thematisierte. 
Bonnie und Clyde sind keine typischen Helden, sondern sogar sympathische Outlaws, die zwar meinen, für ein wenig Reichtum zu rauben, letztlich aber einfach die Aufregung genießen, zur Zeit der großen Depression gegen das Establishment zu kämpfen, das hart arbeitenden Menschen die Dächer über ihren Köpfen wegnimmt. Nicht von ungefähr wird der Vorspann des Films von verblassenden Schwarz-Weiß-Fotos von Menschen geziert, denen die Armut deutlich anzusehen ist. Die Vorgeschichte der Protagonisten spielt in „Bonnie und Clyde“ keine Rolle. Faye Dunaways („Thomas Crown ist nicht zu fassen“, „Chinatown“) Bonnie wird als sexuell frustrierte und gelangweilte Kleinstadt-Schönheit vorgestellt, die die erstbeste Gelegenheit ergreift, etwas Spaß und Spannung in ihr Leben zu bringen. Clyde wiederum findet einfach Gefallen daran, es den Banken, die der Arbeitern ihre Häuser wegpfänden, heimzuzahlen und ständig die Fluchtautos zu wechseln. Dass er kein typischer Hollywood-Held ist, zeigt sich auch in seiner Impotenz. Die Oscar-prämierte Kameraarbeit von Burnett Guffey („Verdammt in alle Ewigkeit“, „Der Gefangene von Alcatraz“) und der außergewöhnliche Schnitt der Cutterin Dede Allen („Reds“, „Hundstage“) machen „Bonnie und Clyde“ zu einem Meisterwerk, der Faye Dunaway, Warren Beatty und Gene Hackman zu Stars machte. 

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