Frost/Nixon
Richard Nixon zählte nicht nur zu den unbeliebtesten amerikanischen Präsidenten, sondern war bislang auch der einzige, der nach sechsjähriger Amtszeit 1974 vorzeitig aus dem Amt scheiden musste, nachdem er über die Watergate-Affäre gestolpert war. Allerdings wurde er dafür rechtlich nie belangt, da er von seinem Nachfolger Gerald R. Ford in jeder Hinsicht begnadigt worden ist. Dass sich der ehemals mächtigste Mann der Welt für seine Rechtsbrüche nicht verantworten musste, war der amerikanischen Bevölkerung ein mächtiger Dorn im Auge.
Drei Jahre später - Richard Nixon (Frank Langella) schreibt gerade an seiner Autobiografie - versucht der britische Talkmaster David Frost (Michael Sheen) ein Interview mit Nixon zu bekommen. Der redegewandte Nixon lässt sich mit Unterstützung seines Agenten Swifty Lazar (Toby Jones) auf den Deal ein, wenn er 600.000 Dollar dafür bekommt. Frost hofft, mit diesem Coup seine bedrohte Karriere - seine Shows in Australien und London stehen kurz vor dem Aus - wieder aufzuputschen. Allerdings hat sein Klinkenputzen bei den großen Sendern für die Vorfinanzierung nicht den erhofften Erfolg. Deren Bedenken wirken einleuchtend, denn bislang hat sich Frost eher als journalistisches Leichtgewicht hervorgetan, dem man nicht zutraut, Richard Nixon das erhoffte Geständnis abzuringen und für die erforderlichen Einschaltquoten zu sorgen.
So muss Frost die Anzahlung der sofort fälligen 200.000 Dollar aus eigener Tasche leisten. Mit dem erfahrenen Reporter Bob Zelnick (Oliver Platt) und dem
engagierten Buchautor James Reston (Sam Rockwell) holt sich Frost zwei Leute ins Team, die einen kritischen Fragenkatalog entwerfen sollen. Der Vertrag sieht vier Sendungen à 90 Minuten vor, von der sich nur eine auf den Watergate-Skandal beziehen darf. Während seine beiden Mitstreiter wochenlang recherchieren und an einer Strategie basteln, wie Frost Nixon aus der Reserve locken kann, nimmt Lebemann Frost rege am gesellschaftlichen Leben teil.
Entsprechend unvorbereitet geht er in die erste Runde, versucht aber gleich mit der Frage, warum Nixon die Watergate-Tonbänder nicht einfach vernichtet habe, den ehemaligen Präsidenten in die Defensive zu drängen. Nixon stutzt zwar für einen Moment, windet sich aber äußerst geschickt in nebensächliche Schilderungen - ein Konzept, mit dem er seinem sichtlich überforderten und unterlegenen Interviewer auch in den folgenden Sendungen komplett den Wind aus den Segeln nimmt. Frost droht mit seinem riskanten Projekt vollends Schiffbruch zu erleiden, doch in der Nacht vor dem letzten Interviewtag recherchiert Frost noch einmal selbst und legt endlich die harten Bandagen an, die Nixon vor dem
Interview-Marathon erwähnt hatte.
Die TV-Duelle zwischen David Frost und Richard Nixon aus dem Jahr 1977 sind mittlerweile legendär, weil es der zunächst unbedarfte Frost tatsächlich schaffte, den öffentlich stark unter Druck
geratenen Nixon das Geständnis abzuringen, dass er während seiner Präsidentschaft nicht nur Fehler gemacht, sondern Grundrechte verletzt und das amerikanische Volk verraten habe. Am Ende haben 45 Millionen Amerikaner zugesehen, wie Frost den alternden Präsidenten in die Knie zwang. Drehbuchautor Peter Morgan setzte dieses TV-Spektakel in ein Zwei-Personen-Theaterstück um, das 2006 sehr erfolgreich in London lief - mit Michael Sheen und Frank Langella als Frost und Nixon. Als sich nun Blockbuster-Regisseur Ron Howard ("Apollo 13", "The Da Vinci Code") des Stoffes annahm, tat er gut daran, die beiden Hauptrollen an ebendiese Darsteller zu vergeben, denen ihre Rollen bereits ins Blut gegangen zu sein scheinen. Beide legen auch in der Filmversion eine beeindruckende Leistung hin, die vor allem in den längeren Nahaufnahmen zum Tragen kommen, wenn hier Frost ungläubig in die Kamera starrt, als er merkt, dass er von Nixon vorgeführt wird, und da Nixon resigniert feststellen muss, dass er sein Versagen endlich öffentlich zugeben muss.
Auch wenn Howard seinen Film hollywoodgemäß um Außenaufnahmen und einen erweiterten Personenkreis aufplustern musste, behält er das spannende Duell der beiden unterschiedlichen Konkurrenten ganz im Fokus. Die Spannung des Psycho-Dramas wird dabei immer wieder durch dokumentarische Kommentare der involvierten TV-Produzenten und Mitarbeiter aufgebrochen, aber auch hier wird die Brisanz der Thematik stets auf den Punkt gebracht, was vor allem Peter Morgans brillantem Drehbuch zu verdanken ist.
Ron Howard schuf mit "Frost/Nixon" ein jederzeit packendes Polit-Drama, das darüber hinaus bravourös dokumentiert, wie bedeutsam die Medien in den 70er Jahren wurden, was die Bildung und Beeinflussung der öffentlichen Meinung angeht.
"Frost / Nixon" in der IMDb
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