72 Stunden - The Next Three Days

Wie weit ist ein verzweifelter Ehemann zu gehen, um seine vermeintlich unschuldig wegen Mordes inhaftierte Frau zurück in sein Leben zu holen? Diese Frage versuchte 2008 der französische Filmemacher Fred Cavayé in seinem Thriller-Drama "Ohne Schuld" nachzugehen. Wie so oft sah sich Hollywood inspiriert, einen fremdsprachigen Film neu zu verfilmen, was in diesem Fall dem gefeierten Drehbuchautor Paul Haggis (Oscars für "Million Dollar Baby" und "L.A. Crash") zufiel. 
Die Brennans sind eine glückliche Vorzeigefamilie. Doch als vor drei Jahren die Pittsburgher Polizei das Haus stürmt und seine völlig überraschte Frau Lara (Elizabeth Banks) verhaftet, gerät Johns (Russell Crowe) Leben völlig aus den Fugen. Angeklagt, ihre Chefin in einem Parkhaus ermordet zu haben, kann die Frau, mit der Lara unmittelbar nach der Tat zusammengestoßen ist, natürlich nicht aufgefunden werden, die Beweislast ist erdrückend, und so wird Lara lebenslang ins Gefängnis gesteckt. Da auch das Berufungsverfahren scheitert, sieht sich der Lehrer zu einem gewagten Vorhaben gezwungen: Er will seine Frau und die Mutter seines Sohnes Luke aus dem Gefängnis befreien. 
John holt sich professionellen Rat von Damon Pennington (Liam Neeson), der seine sieben erfolgreichen Ausbrüche in einem Buch verarbeitet hat. Doch um die nötigen Papiere und Geldreserven zu besorgen, geht John Risiken ein, die bald die Detectives Quinn (Jason Beghe) und Collero (Aisha Hinds) auf seine Spur bringen. Mit der in drei Tagen anvisierten Verlegung in ein anderes Gefängnis ist John zudem gezwungen, seinen Plan vor der Zeit in die Tat umzusetzen. Wie offenkundige Ungerechtigkeit wettgemacht werden kann, ist immer wieder auf der Kinoleinwand thematisiert worden. 
Entweder nehmen Angehörige der Justiz das Gesetz selbst in die Hand, wenn die Institutionen, in denen sie eigentlich für Recht und Ordnung sorgen sollen, versagen ("Ein Richter sieht rot") oder die Betroffenen machen sich selbst auf einen Rachefeldzug, um das an ihnen begangene Unrecht wiedergutzumachen ("96 Hours", "Ein Mann sieht rot"). In einer ähnlichen Situation sieht sich der eigentlich friedfertige Literaturdozent John Brennan, als seine intakte Familie durch die unglückliche Indizienlage, die zur Verurteilung seiner Frau geführt hat, auseinandergerissen wird. Um seine Frau aus dem Gefängnis zu befreien, ist John bald jedes Mittel recht. Haggis zeichnet seinen Helden als zunächst etwas naiven Mann, der nach einer ersten schmerzhaften Abreibung bald keine Skrupel mehr kennt, Gewalt anzuwenden, um sein Ziel zu erreichen. In über zwei Stunden konzentriert sich Haggis vielleicht etwas zu sehr auf John Brennan und seine gewissenhafte Durchführung seines Plans, denn abseits davon beleuchtet die Geschichte wenig, weder die Beziehung zu Johns Eltern, bei denen er ab und an seinen Sohn abliefert, mit denen er aber kaum nennenswerte Worte wechselt, ebenso wenig wie mit der attraktiven, alleinerziehenden Frau, die er regelmäßig auf dem Spielplatz trifft. 
Es ist Russell Crowes intensivem Spiel zu verdanken, dass der Fokus auf seine Figur den Film nicht zu eindimensional erscheinen lässt. Vor allem das Finale, wenn der Ausbruch in die Tat umgesetzt wird und die Flucht vor der Polizei organisiert werden will, hat "72 Stunden - The Next Three Days" seine stärksten Momente, die über die eigentlich hanebüchene Story hinwegsehen lassen. 

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