Howl - Das Geheul

Der Beat-Poet Allen Ginsberg (1926-1997) zählt zu den bedeutendsten Dichtern des 20. Jahrhunderts. Mit ihrem Künstler-Biopic "Howl - Das Geheul" setzen die beiden oscarprämierten Dokumentarfilmer Rob Epstein und Jeffrey Friedman ("The Times Of Harvey Milk") dem von so unterschiedlichen Einflüssen wie Walt Whitman, der klassischen Moderne, Jazz und Buddhismus geprägten Poeten ein außergewöhnliches filmisches Denkmal. 
Mit seinem 1955 in einer verrauchten Kneipe vorgetragenen Gedicht "Howl" fesselt der noch unbekannte Dichter Allen Ginsberg (James Franco) nicht nur sein faszinierend lauschendes Publikum, sondern findet in Lawrence Ferlinghetti (Andrew Rogers) auch einen Verleger, der sich 1957 in einem aufsehenerregenden Prozess allerdings wegen Verbreitung obszöner Schriften vor Gericht verantworten muss. Staatsanwalt McIntosh (David Strathairn) zitiert etliche Literaturexperten wie Gail Potter (Mary-Louise Parker), David Kirk (Jeff Daniels) und Mark Schorer (Treat Williams) in den Zeugenstand, um sie über die fehlende literarische Größe von Ginsbergs Poesie referieren zu lassen. Derweil nimmt die Presse den nun im Rampenlicht stehenden Autor ins Kreuzverhör. Er berichtet von seinem frühen homosexuellen Outing, seiner Schwierigkeit, Nähe zu anderen Menschen aufzubauen, von seinem psychiatrischen Aufenthalt, bei dem er Carl Solomon kennenlernte, dem er schließlich sein berühmtes "Howl" gewidmet hat. 
Epstein und Friedman versuchen nicht, Ginsbergs Biographie umfassend abzubilden, sondern nehmen den denkwürdigen Obszönitäten-Prozess als Aufhänger, um einen Einblick in die Kunst und Person von Allen Ginsberg zu gewähren. Dabei haben sie sich als Quellen allein Interviews mit Ginsberg, Gerichtsprotokollen und des Gedichts selbst bedient, dann aber mehrere interessante Ebenen gewählt, um ihre Erzählung abwechslungsreich zu strukturieren. Da ist zunächst die äußerst stimmungsvolle, gänzlich verrauchte und in passendem Schwarz-Weiß inszenierte, von James Franco großartig gemeisterte Rezitation des Gedichts, dann die in lockerer Gesprächsatmosphäre und bunten Farben aufgenommenen Interviews, in denen Ginsberg wesentliche Stationen seines Lebens und Eckpunkte seiner Auffassung von Kunst offenbart, weiter der aus heutiger Sicht kurios anmutende Gerichtsprozess, in dem es nicht nur um die Obszönität von Ginsbergs Werk, sondern um die künstlerische Freiheit an sich geht, schließlich die Illustration von "Howl" als psychedelisch anmutender Animationsfilm. Das ist großes Kino und wird einem facetten- wie einflussreichen Künstler wie Allen Ginsberg mehr als gerecht.  

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