Chatroom

Längst vorbei sind die Zeiten, in denen wir bloß die Medien konsumierten, die uns Journalisten und Redakteure in ihren Fernseh-, Radio- und Printformaten vorgesetzt haben. Mittlerweile sind die einstigen Konsumenten zu Prosumenten geworden, die in Blogs, Foren, sozialen Netzwerken und Chatrooms ihre eigenen Meinungen, Nachrichten und virtuellen Welten kreieren. David Fincher hat mit seinem oscarprämierten Biopic "The Social Network" die Entstehung von Facebook nachgezeichnet, nun setzt sich der japanische Regisseur Hideo Nakata ("The Ring 2") mit den Möglichkeiten und Gefahren von Chatrooms auseinander, konzentriert sich dabei aber eher auf einen stylishen Look als auf psychologische Tiefe. 
Der 17-jährige William (Aaron Johnson) steht ganz im Schatten seiner Mutter, einer bekannten Kinderbuchautorin, und seines erfolgreichen, international tätigen Bruders. Statt mit jemandem über seine Einsamkeit zu reden, schafft er sich im Internet seine eigenen Welten. Mit "Chelsea Teens!" kreiert er einen Chatroom, in dem er sofort Gleichgesinnte findet, die kokette Eva (Imogen Poots), den schüchternen Jim (Matthew Beard), die aufgedrehte Emily (Hannah Murray) und den pädophil veranlagten Mo (Daniel Kaluuya), der die elfjährige Schwester seines besten Kumpels begehrt. Schnell fassen die sonst ausgegrenzten Teenager Vertrauen zueinander und sprechen offen über ihre Sorgen und Ängste, ohne zu ahnen, dass William sie systematisch zum Selbstmord treiben will. 
Es wäre wahrscheinlich ein recht unansehnliches Unterfangen gewesen, die beteiligten Jugendlichen vor ihren Computer-Bildschirmen zu filmen, wie sie miteinander chatten, also bedient sich Nakata des Kunstgriffs, die Architektur von Chatrooms als mit allerlei skurrilen Gestalten belebten Hauskorridor abzubilden, von dem die verschieden beschrifteten Türen zu den jeweiligen Chatrooms abgehen, die der virtuellen Anonymität grelle Designs, hippe Musik und hippes Interieurs entgegensetzen. In diesen unwirklichen Räumen treten die Protagonisten in einen lebendigen Dialog, der immer wieder abrupt unterbrochen wird, sobald einer der Beteiligten seine Internet-Session abbricht und sich kurz seinem wirklichen, trostlosen Leben widmet. Jim hat es zum Beispiel nie verkraftet, dass sein Vater in einem Moment höchsten Glücks ihn als Kind einfach im Zoo zurückgelassen hat und nie mehr nach Hause zurückgekehrt ist. In die Tiefe gehen die Lebensentwürfe der portraitierten Jugendlichen allerdings nicht. Auch will sich keine so rechte Spannung in dem optisch beeindruckenden "Chatroom" entwickeln, der zwar die Problematik rein virtueller Freundschaften anreißt, sie aber letztlich nur oberflächlich in poppige Farben taucht.  

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