12 Years a Slave

Obwohl die Sklaverei in den Vereinigten Staaten von Amerika im Jahre 1865 mit dem 13. Zusatzartikel zur Verfassung offiziell beendet wurde, ist sie nach wie vor ein vieldiskutiertes Thema und ein sprudelnder Inspirationsquell auch für Filmemacher. Während beispielsweise in jüngster Zeit Tate Taylors in „The Help“ das schwere Leben schwarzer Haushaltshilfen Mitte der 1960er Jahre in Mississippi thematisierte, ging Quentin Tarantino mit seiner Italo-Western-Hommage „Django Unchained“ ebenso kompromisslos wie humorvoll mit der Sklaverei um. Ganz anders Steve McQueens dreifach Oscar-prämiertes Meisterwerk „12 Years a Slave“.
Der nach wahren Begebenheiten entstandene Film demonstriert an einem Einzelschicksal die Perversion der Sklaverei kurz vor ihrer Aufhebung. Mitte des 19. Jahrhunderts lebt der freie Afro-Amerikaner Solomon Northup (Chiwetel Ejiofor) mit seiner Familie in der Kleinstadt Saratoga, New York, und verdient seinen Lebensunterhalt als Geigenspieler. Als er von zwei fremden Männern das Angebot bekommt, für eine ordentliche Gage in einem Zirkus zu spielen, begleitet er die Männer nach Washington und erfreut sich nach dem Engagement abends beim gemeinsamen Essen und Trinken mit seinen Auftraggebern an dem formidablen Verdienst. Allerdings wacht er am nächsten Morgen in Ketten auf und wird mit einem Sklavenschiff nach Louisiana transportiert, wo er als Sklave von einem „Master“ zum nächsten gereicht wird.
Halbwegs erträglich gestaltet sich noch die Arbeit bei dem Plantagenbesitzer Ford (Benedict Cumberbatch), der Gottesdienste für seine Sklaven hält und Solomon sogar eine Geige schenkt, doch als eine Raupenplage seine Ernte vernichtet, wird Solomon an den berüchtigt-sadistischen Edwin Epps (Michael Fassbender) verkauft, der kaum eine Gelegenheit auslässt, sich an den Frauen zu vergehen oder seine Sklaven bei den kleinsten Vergehen brutal auszupeitschen. Als die Jahre der Gefangenschaft dahinziehen, verliert Solomon allmählich die Hoffnung, seine Familie noch einmal wiederzusehen …
Der junge britische Filmemacher Steve McQueen („Hunger“, „Shame“) hat mit „12 Years a Slave“ ein eindringliches Drama inszeniert, das schonungslos die unmenschlichen Qualen offenbart, denen die Sklaven auch Mitte des 19. Jahrhunderts noch ausgesetzt waren. Nach einem kurzen Einblick in das Leben als freier Mann, das Solomon bis zu der schicksalshaften Begegnung mit den beiden gut getarnten Sklavenhändlern geführt hat, nehmen sich McQueen und sein versierter Kameramann Sean Bobbitt („The Place Beyond the Pines“, „Byzantium“) viel Zeit, das Elend der unterdrückten und gepeinigten schwarzen Sklaven zu beschreiben.
Zwar bleibt Solomon in jeder Szene präsent, aber um ihn herum werden auch die Schicksale seiner LeidensgenossInnen beleuchtet. Dass hier keine Schonkost präsentiert wird, wird besonders in der Szene deutlich, als Solomon gezwungen wird, eine Frau auszupeitschen, und als Epps befindet, dass Solomon es an der nötigen Härte vermissen lässt, übernimmt er selbst die Peitsche und schlägt sich regelrecht in Rage. Bei aller Brutalität gibt McQueen seinem Publikum und auch Solomon am Ende einen Hoffnungsschimmer mit, der in Form von Brad Pitt als Sklavengegner Bass auftritt. Pitt, der den Film co-produziert hat, hält ein flammendes Plädoyer gegen die Sklavenpraxis und gibt sich ein prominentes Stelldichein mit weiteren Schauspielgrößen wie Paul Giamatti oder „The Wire“-Star Michael K. Williams.
Ganz große Schauspielkunst gibt es aber vor allem von Hauptdarsteller Chiwetel Ejiofor zu sehen, der sich als Solomon schnell abgewöhnen muss, seine Ambitionen zu artikulieren, und dessen Gemütsregungen bald nur noch in seiner Mimik abzulesen sind. Aber auch Michael Fassbender („Eine dunkle Begierde“, „Prometheus“) als schonungsloser und hassenswerter Sklavenbesitzer und Lupita Nyong'o als taffe Sklavin Patsey brillieren in ihren Rollen.
Untermalt mit der ungewöhnlich einfühlsamen Musik von Star-Komponist Hans Zimmer („Rango“, „Inception“) stellt „12 Years a Slave“ ein aufwühlendes und ungeschöntes Stück Aufarbeitung noch recht frischer amerikanischer Geschichte dar, das bei der diesjährigen Oscarverleihung als bester Film, für das beste adaptierte Drehbuch ebenso ausgezeichnet wurde wie Lupita Nyong’o als beste Nebendarstellerin.
"12 Years a Slave" in der IMDb

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