Jackie - Wer braucht schon eine Mutter?

Seit Jack Kerouac mit seinem Roman „Unterwegs“, dem Klassiker der Beat-Generation, den Boden für das Filmgenre des Road Movies geebnet hat, stellt das Thema der Reise die ideale Metapher für die Suche nach Freiheit und persönlicher Selbstverwirklichung dar. Seit Dennis Hoppers Meisterwerk „Easy Rider“ (1968) erfreut sich das Genre einer Nutzung durch ganz verschiedene Regisseure wie Steven Spielberg („Sugarland Express“), Michelangelo Antonioni („Zabriskie Point“) oder Ridley Scott („Thelma & Louise“). Ein Road Movie der besonderen Art realisierte die niederländische Filmemacherin Antoinette Beumer mit „Jackie – Wer braucht schon eine Mutter?“.
Um sich ihren Kinderwunsch zu erfüllen, hat ein schwules Paar mit Jackie (Holly Hunter) vor 33 Jahren eine Leihmutter engagiert, die nach der Geburt der Zwillinge Sofie (Carice van Houten) und Daan (Jelka van Houten) nichts mehr von sich hören ließ. Seitdem haben die ganz unterschiedlichen Schwestern ihr Leben auf ihre je eigene Weise gemeistert. Während sich die temperamentvolle Daan mit ihrem gut aussehenden Ehemann und vier Kindern ganz in ihrer Familie aufgehoben fühlt, lebt die kühle Sofie nur für ihren Job als Journalistin. Doch aus heiterem Himmel bekommen sie die Nachricht, dass ihre Mutter mit einem Knochenbruch in einem Krankenhaus in New Mexico liegt und in eine Reha-Klinik gefahren werden muss. Doch die erste Begegnung mit ihrer leiblichen Mutter verläuft enttäuschend: Die verwahrlost wirkende Frau weigert sich, mit ihren Kindern auch nur ein Wort zu wechseln. Doch sobald Sofie und Daan die Reise antreten und dabei einige Hürden zu nehmen sind, lernen sich die drei Frauen näher kennen …
Antoinette Beumer („Loft - Liebe, Lust, Lügen") hält sich nicht allzu lange damit auf, ihre Protagonistinnen einzuführen. Ein kurzer Blick in Sofies hektischen Redaktionsalltag und Daans chaotisches Familienleben soll ausreichen, die unterschiedlichen Lebensentwürfe der Zwillinge zu skizzieren. Sobald ihre zerzauste, wortkarge Mutter ins Spiel kommt, entwickelt sich eine spannende Eigendynamik in der ungewöhnlichen Konstellation. Daan, vor allem aber Sofie haben zunächst schwer damit zu kämpfen, Abstand vom stressigen Alltag zu gewinnen, der sie via Handy und Laptop immer wieder einholt. Doch je mehr die beiden Schwestern ganz elementare Überlebensstrategien zu bewältigen haben, verlagern sich auch ihre Prioritäten.
Den Kampf, die Pflichten des bürgerlichen Alltags hinter sich zu lassen und verstärkt auf die innere Stimme zu hören, hat Beumer ebenso dramatisch wie humorvoll inszeniert und mit Wendungen versehen, die so überraschend um die Ecke kommen, dass die Spannung über den ganzen Film aufrechterhalten wird. Unterstützt wird dieses Unterfangen durch großartige Darstellerleistungen. Obwohl Holly Hunter („Das Piano“) wenig Text zu sprechen hat, machen Mimik und Körpersprache dieses Defizit mehr als wett. „Jackie – Wer braucht schon eine Mutter?“ bietet eine emotional aufgeladene Achterbahnfahrt, bei der sich drei ganz unterschiedliche Frauen neu kennenlernen.
"Jackie" in der IMDb

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