Ossessione - Von Liebe besessen

Als Jean Renoirs Schüler Luchino Visconti 1943 seinen ersten Film „Ossessione“ inszenierte, setzte er einen Trend in Gang, der sich vom realitätsfernen Kino des faschistischen Italiens abgrenzte und die Armen und Ungebildeten in das Zentrum der Filme stellte. Nun erscheint die unautorisierte Verfilmung von James M. Cains Roman „The Postman always Rings Twice“ im Rahmen der Arthaus Retrospektive neu auf DVD.
Als der Vagabund Gino (Massimo Girotti) beim Tanken von der Pritsche seiner Mitfahrgelegenheit gezerrt wird, bittet er in der kleinen Trattoria, die der Tankstelle angeschlossen ist, um etwas zu essen. Gino verfällt der unglücklichen Giovanna (Clara Calamai), die es leid ist, für ihren älteren Mann Guiseppe Bragana (Juan de Landa) jeden Tag in der Küche stehen zu müssen. Sie stürzt sich mit Gino in eine leidenschaftliche Affäre, weigert sich aber, mit ihm wegzugehen, worauf Gino nach Ancona weiterreist. Tatsächlich finden Giovanni und Gino aber wieder zusammen und beschließen, den verhassten Störenfried ihres Glücks aus dem Weg zu räumen. Sie tarnen ihren Mord als Autounfall und können die Verdachtsmomente der Polizei zerstreuen. Doch vor allem Gino will nicht einfach Braganas Platz einnehmen, sondern woanders ein neues Leben beginnen. Erst als die Polizei wieder die Witterung aufnimmt, lässt sich Giovanna dazu zu überreden, mit ihrem Geliebten fortzugehen …
Nachdem Visconti als Regieassistent und Kostümbildner für den Linksintellektuellen Jean Renoir tätig gewesen war, übernahm er dessen poetischen Realismus und schuf mit seinem Regiedebüt „Ossessione – Von Liebe besessen“ gleich das Erstlingswerk der daraufhin proklamierten Epoche des Neorealismus. Mit seinem Film verwirklichte Visconti das Plädoyer, Geschichten von lebendigen Menschen zu erzählen. Allerdings sind die beiden Protagonisten zu sehr in ihrer Welt und deren Beschränkungen gefangen. Ihre Leidenschaft lässt sich überhaupt erst durch einen Mord ausleben, doch damit sind längst nicht alle Grenzen überwunden, die ihrem Glück im Wege stehen.
Viscontis pessimistische Weltsicht schlägt sich auch im deprimierenden Finale nieder. Was sich bereits in der klaren Bildsprache schon andeutete, die den Film prägt, kommt hier zu einem traurigen Höhepunkt, der den Happy-End-Adepten das Lächeln aus dem Gesicht streicht.
"Ossessione" in der IMDb

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