Das Testament des Orpheus

Nach seinem Bühnenstück „Orphée“ von 1926 und dem darauf basierenden, 1950 entstandenen gleichnamigen Film schloss der französische Dichter, Illustrator, Maler, Schriftsteller und Filmemacher Jean Cocteau seine „Orpheus“-Trilogie mit seinem filmischen Testament „Das Testament des Orpheus“ 1960 ab. Finanziert mit dem Geld von François Truffaut entstand ein poetisches Vermächtnis, in dem Cocteau selbst wie im Traum zwischen den Zeiten und Realitäten wandelt.
Inspiriert von der griechischen Sage um den Sänger Orpheus, der wegen seiner Kunst seine Frau Eurydike vernachlässigte, bis ihr Tod die Erinnerung an seine Liebe zu ihr wachruft, und von Einsteins Relativitätstheorie wandelt Cocteau in seinem Abschiedsfilm in der 4. Dimension herum. Begleitet wird er dabei von Cégeste, den er in „Orpheus“ in einem Bereich zwischen Diesseits und Jenseits zurückgelassen hatte. Cégeste kommt nun die Aufgabe zu, Costeau – wie er selbst sagt - von einem Irrtum zum anderen zu führen. Eine konventionelle Handlung gibt es in „Das Testament des Orpheus“ nicht nachzuerzählen. Stattdessen dienen Cocteau die Sprünge von einer Zeit in eine andere dazu, sein Dasein als Künstler jenseits vertrauter Realitäten zu manifestieren. Dies wird besonders bei der Gerichtsverhandlung deutlich, als er sich wegen seiner Unschuld verantworten muss, die ihn zu jedem Verbrechen befähigen würde.
In seinem eindrucksvollen Plädoyer legt Costeau seine poetischen Prinzipien dar. Als Versinnbildlichung seines Lebens gedacht, präsentiert der Film immer wieder Freunde von Costeau. Yul Brynner besetzt in militärischer Uniform verschiedene Vorzimmer, in denen Cocteau viel Zeit verbringen muss. Picasso, seine Lebensgefährtin Jacqueline und die italienische Schauspielerin Lucia Bosé beobachten, wie Minerva dem Cocteau-Orpheus eine Lanze in den Rücken wirft. Jean Marais mimt den blinden König Ödipus.
„Das Testament des Orpheus“ stellt einen wunderbaren poetischen Reigen dar, in dem Jean Cocteau die Quintessenz seiner künstlerischen Visionen und Überzeugungen präsentiert. Drei Jahre später starb Cocteau in Milly-la-Forêt bei Paris.
"Das Testament des Orpheus" in der IMDb

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