Catch Me If You Can

Nachdem Steven Spielberg mit „Amistad – Das Sklavenschiff“ (1997), „Der Soldat James Ryan“ (1998), „A.I.: Künstliche Intelligenz“ (2001) und „Minority Report“ (2002) gleich mehrere anspruchsvolle Filme in Reihe inszeniert hatte, schien man schon fast vergessen zu haben, dass Spielberg auch der Schöpfer von Popcorn-Abenteuern wie „Indiana Jones“, „Jurassic Park“ und „Hook“ gewesen ist. Mit der Gauner-Biografie „Catch Me If You Can“ (2002) kehrte er nicht zu einem leichtfüßigeren Stoff zurück, sondern vereinte dazu geschickt „Titanic“-Star Leonardo DiCaprio und gestandene Mimen wie Tom Hanks, Nathalie Baye, Martin Sheen und Christopher Walken vor der Kamera.
Frank Abagnale Jr. (Leonardo DiCaprio) ist gerade mal sechzehn Jahre alt, als er in den 1960er Jahren vor die Entscheidung gestellt wird, bei wessen Elternteil er leben will, nachdem sein Vater Frank Sr. (Christopher Walken) nicht mehr die Rechnungen zahlen kann und sich seine Mutter Paula (Nathalie Baye) mit Franks Kumpel Jack Barnes (James Brolin) eine bessere Partie angelacht hat. Der Junior will sich aber nicht auf eine Seite schlagen und geht stiften. Zunächst versucht er noch, mit getürkten Schecks seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, doch fliegt er damit schnell auf. Als er aber mitbekommt, dass Kleider Leute machen und es mit der richtigen Uniform viel leichter ist, an Geld zu kommen, gibt sich der gewiefte junge Mann als Pilot bei Pan Am aus und lässt sich eine Uniform schneidern, die ihn nicht nur bei Banken zum solventen Kunden macht.
Als Frank Jr. erfährt, dass er mit gefälschten Gehaltsschecks ein Vermögen machen kann, reist er als Deadhead auf Pan-Am-Flügen durch die ganze Welt und lebt dank seiner Gehaltsscheck-Masche auf großem Fuß. Doch als ihm das Betrugsdezernat beim FBI unter Leitung von Agent Hanratty (Tom Hanks) auf die Schliche kommt, wird Frank Abagnale Jr. zum jüngsten „most wanted“-Kriminellen der US-Geschichte und gezwungen, seine Tarnung zu wechseln.
Dabei kommt ihm die Krankenschwester Brenda (Amy Adams) gerade recht, mit deren Hilfe er sich als um eine Stelle als Oberarzt bewirbt. Obwohl er nicht mal die High School abgeschlossen hat, gibt er sich als überqualifizierter Harvard-Absolvent aus und bekommt nicht nur den Job, sondern auch Brenda als Verlobte. Allerdings muss er um des Familienfriedens willen einen Posten als Rechtsanwalt annehmen, wobei Frank Jr. behauptet, wie Brendas Vater (Martin Sheen), sein Jura-Studium in Berkeley abgeschlossen zu haben. Hanratty ist dem Betrüger aber mittlerweile so dicht auf den Fersen, dass er mit seinen Männern in die Verlobungsfeier hineinplatzt …
Nachdem Leonardo DiCaprio mit Baz Luhrmanns „William Shakespeares Romeo & Julia“ (1996) und James Camerons „Titanic“ (1997) zum Super-Star avanciert war, lief er in den folgenden Jahren erfolglos guten Rollen hinterher und konnte auch in Martin Scorseses „Gangs of New York“ (2002) an der Seite des charismatischen Daniel Day-Lewis nicht wie erhofft punkten. Das gelang ihm erst in Steven Spielbergs Adaption der Autobiographie von Frank Abagnale Jr., wobei Spielberg eigentlich gar nicht die Regie übernehmen wollte. Aber da die vorgesehenen Kandidaten Gore Verbinski („The Ring“, „The Mexican“), Lasse Hallström („Gottes Werk und Teufels Beitrag“, „Schiffsmeldungen“), Milos Forman („Larry Flynt“) und Cameron Crowe („Vanilla Sky“) nicht zur Verfügung standen, übernahm Spielberg neben der Produktion auch die Regie und bewies einmal mehr seine inszenatorische Finesse bei diesem durchweg unterhaltsamen Katz- und Maus-Spiel. Dabei präsentiert Spielberg nur kurz, aber eindrucksvoll die anfangs so harmonische familiäre Situation, dann die prägenden Stationen der Krise und des Bruchs, dafür umso ausführlicher die Mühen, mit denen Frank Jr. sein Geschick beim Fälschen von Schecks und Identitäten entwickelt. Leonardo DiCaprio erweist sich als Idealbesetzung für den unschuldig und überzeugend wirkenden Gauner, der so selbstbewusst in seine Rollen schlüpft, dass niemand auch nur ins Zweifeln kommt. Während Frank Jr. zu seiner ehebrecherischen Mutter den Kontakt abgebrochen hat, versucht er, seinem strauchelnden Vater mit seinem Reichtum auszuhelfen, doch will dieser nichts davon wissen. Christopher Walken („The Dead Zone“, „Die durch die Hölle gehen“) hat für seine glaubwürdige Darstellung des hart um ein ehrliches Leben kämpfenden Familienvaters zurecht eine Oscar-Nominierung erhalten. Spielberg gelingt es, sowohl Frank Jr. als auch seinen Jäger Hanratty mit großen Sympathiewerten zu versehen, wobei der FBI-Mann für den nicht mal volljährigen Gauner eine Art Ersatzvater darstellt. DiCaprio und Hanks spielen sich so leicht die Bälle zu, dass es eine helle Freude ist. Und John Williams hat dazu einen wunderbar leichtfüßigen, jazzigen Score kreiert, der ebenfalls mit einer Oscar-Nominierung bedacht worden ist.
"Catch Me If You Can" in der IMDb

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