Kalter Schweiß

Der britische Filmemacher Terence Young hatte sich als Regisseur der drei frühen James-Bond-Abenteuer „James Bond jagt Dr. No“, „Liebesgrüße aus Moskau“ und „Feuerball“ längst einen Namen gemacht, als er 1970 mit „Kalter Schweiß“ eine Romanvorlage des US-amerikanischen Bestseller-Autors Richard Matheson („Hinter dem Horizont“, „I Am Legend“) adaptierte und damit die erste von drei Zusammenarbeiten mit Hauptdarsteller Charles Bronson vorlegte. Koch Media hat diese französisch-italienische Co-Produktion nun als Mediabook mit Blu-ray und DVD veröffentlicht.
Joe Martin (Charles Bronson) besitzt eine kleine Yacht an der Côte d'Azur, das er an Touristen vermietet. Viel Zeit für seine Frau Fabienne (Liv Ullmann) und seine zwölfjährige Stieftochter Michèle (Yannick Delulle) hat er daher nicht, was ihm nicht nur wegen seines Alkoholkonsums Kritik von seiner vernachlässigten Frau einbringt. Doch eines Tages holt ihn seine Vergangenheit ein. Vor etlichen Jahren gehörte Joe nämlich zu einer Gruppe von Kriminellen, die aus einem deutschen Gefängnis ausgebrochen sind und auf ihrer Flucht einen deutschen Polizisten niedergestochen haben. Joe, der nur als Fahrer engagiert war, wollte mit dem seiner Meinung nach unnötig brutalen Vorgehen nichts zu tun haben und verschwand ohne seine Komplizen über alle Berge, während Captain Ross (James Mason), Fausto (Luigi Pistilli), Katanga (Jean Topart) und Whitey (Michel Constantin) wieder einsitzen durften. Nun rächen sie sich an dem Verräter, indem sie Joe mit seinem Boot für ihre Drogengeschäfte einspannen. Sie nehmen Frau und Kind als Geisel und planen die Übernahme eines größeren Drogenpakets auf dem Wasser. Joe gelingt es allerdings immer wieder, den Gaunern zu entwischen und seinerseits Ross‘ Geliebte Moira (Jill Ireland) in seine Gewalt zu bringen. In einer abgelegenen Hütte in den Bergen soll der Austausch zwischen den Geiseln stattfinden, doch die Situation gerät schnell außer Kontrolle …
Nachdem Mathesons Roman „Ride the Nightmare“ bereits 1962 als eine Folge der Serie „The Alfred Hitchcock Hour“ verfilmt worden war, inszenierte Terence Young die Geschichte acht Jahre später als schnörkelloses Thriller-Drama, das von den malerischen Kulissen und Charles Bronsons charismatischer Darstellung geprägt wird. Bronson, der erst später in Filmen wie „Kalter Hauch“ (1972) und „Ein Mann sieht rot“ (1974) zum schweigsamen Action-Star avancierte, legt der bekannten Persönlichkeitsstruktur eines Verbrechers, der in seiner neuen bürgerlichen Existenz von seiner Vergangenheit eingeholt wird, eine wohldosierte Balance aus Fürsorglichkeit für seine Familie und Krisenbewältigungsmanagement an den Tag.
So spröde die Beziehung zwischen Joe und Fabienne gerade zu Beginn wirkt, entfaltet sich gerade in dem Zusammentreffen der alten Gaunerbande eine gut über den Handlungsverlauf dosierte Spannung, die von Beginn an demonstriert, dass Joe Martin nicht klein beizugeben gedenkt, als er mit Whitey gleich den ersten der unerwünschten Besucher mit einem Genickbruch ausschaltet. Zu so drastischen Mitteln kann er anschließend nicht mehr greifen, da Ross und seine Gefolgsleute schließlich seine Familie in ihrer Gewalt haben. Wie er in dem eng gesteckten Rahmen aber immer wieder Möglichkeiten findet, seinen Peinigern zu entwischen und das Spiel offen zu gestalten, macht den Unterhaltungswert des Dramas aus, bei dem die prominent besetzten Nebenfiguren allerdings kaum die Möglichkeit bekommen, ihr Können unter Beweis zu stellen. So bleibt Ingmar-Bergman-Muse Liv Ullmann („Schande“, „Persona“) als Joes Ehefrau leider ebenso blass wie die eindimensionalen Handlanger des Captains, der durch die Darstellung von James Mason („Der unsichtbare Dritte“, „Lolita“) überraschend vielschichtig erscheint. Davon abgesehen können vor allem Jean Topart („Der Triumph des Musketiers“, „Heiße Nächte“) als skrupelloser Killer mit ungesundem Interesse an Joes Stieftochter und Bronsons Ehefrau Jill Ireland als Hippie-Geliebte von Captain Ross die bemerkenswertesten Akzente setzen. Davon abgesehen sind vor allem die wilden Verfolgungsjagden in den Serpentinen der französischen Riviera sehenswert inszeniert.
Young und Bronson realisierten anschließend noch gemeinsam die sehenswerten Filme „Rivalen unter roter Sonne“ (1971) und „Die Valachi-Papiere“ (1972).
"Kalter Schweiß" in der IMDb

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