Das perfekte Geheimnis

Was wäre der moderne Mensch ohne sein Handy? Längst ist die Primärfunktion des mobilen Telefonierens in den Hintergrund getreten und hat Platz gemacht für immer ausgereiftere Photo-Apps, Navigationssysteme und vor allem Social-Media- und Kommunikationskanäle. Aus dem Umstand, dass das geliebte Handy mehr Informationen in sich trägt, als unsere Lebenspartner, hat Bora Dagtekin („Türkisch für Anfänger“) eine launige, aber auch zunehmend konstruiert wirkende Komödie mit äußerst prominentem Cast inszeniert.
Die Psychotherapeutin Eva (Jessica Schwarz) und ihr Mann, der Schönheitschirurg Rocco (Wotan Wilke Möhring), haben anlässlich der bevorstehenden Mondfinsternis ihre Freunde zum Abendessen geladen. Während sich Rocco ungewöhnlich entspannt in der geräumigen Wohnküche mit seinem international ausgerichteten Menü austobt, entdeckt Eva bei ihrer vierzehnjährigen Tochter Kondome in der Handtasche und stellt sie zur Rede, bevor sie – angeblich – zu einer Party bei ihrer Freundin abzieht. Auch diese Nachricht nimmt Rocco sehr gelassen auf. Doch bevor sich Eva darüber wundern kann, trudeln auch schon die ersten Gäste ein. Leo (Elyas M'Barek), der als moderner Vater in Elternzeit kurz zuvor noch die Wohnung durchgesaugt hatte, und seine in der Werbebranche tätige Frau Carlotta (Karoline Herfurth) machen den Anfang, dann folgen Taxifahrer Simon (Frederick Lau) seine Freundin, die Tierärztin Bianca (Jella Haase), bevor Lehrer Pepe (Florian David Fitz) zwar ohne seine neue Freundin, dafür aber mit einem Teleskop zum Betrachten des Spektakels am Himmel erscheint. Der Abend hat noch gar nicht richtig begonnen, da schlägt Eva ein Spiel vor, bei dem alle Anwesenden ihre Handys in die Tischmitte legen müssen und alle eingehenden Anrufe auf laut gestellt und Nachrichten laut vorgelesen werden.
Natürlich dauert es nicht lange, bis die ersten überraschenden Erkenntnisse die Runde machen: Eva will sich nämlich die Brüste machen lassen – aber nicht von Rocco -, Bianca überlegt, was sie mit ihrem gewaltigen Erbe machen soll, auf das sich der Tunichtgut Simon schon gefreut hatte, und die Probleme im Sexleben von Leo und Carlotto kommen auf den Tisch. Das alles ist wenig überraschend und macht letztlich zu wenig her für eine abendfüllende Komödie, weshalb Dagtekin, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, die Lüftung prekärer Geheimnisse zunehmend auf die Spitze treibt. Dabei kommen natürlich Affären, sexuelle Ausrichtungen und ehemalige Liebhaber zur Sprache, aber kurioserweise verhalten sich die Teilnehmer an dieser Gesellschaft recht zivilisiert, schneiden sich nicht gegenseitig das Wort ab, schreien sich groß an oder prügeln sich.
Es ist letztlich dem gut aufgelegten Cast in seinem etwas zu perfekt durchchoreografierten Zusammenspiel zu verdanken, dass „Das perfekte Geheimnis“ nicht in eine lächerliche Farce abdriftet. Allerdings hätte der Film auch mehr von den bewegenden Momenten vertragen können, in denen beispielsweise Rocco seiner Tochter am Telefon sehr souverän und einfühlsam Vorschläge macht, wie sie die Entscheidung rund um das „erste Mal“ abwägen sollte. Das beeindruckt nicht nur seine sonst recht nüchtern daherkommende Frau, sondern verleiht dem Film vorübergehend ein Gefühl der emotionalen Tiefe.
Davon abgesehen bleiben die Gespräche in der Runde eher an der Oberfläche verhaftet und auf den Effekt der schockierenden Erkenntnis ausgerichtet, nur um dann zur nächsten großen Überraschung zu eilen. Das ist alles ganz nett und unterhaltsam, hinterlässt aber keinen nachhaltigen Eindruck, zumal am Ende irgendwie alles beim Alten bleibt.
"Das perfekte Geheimnis" in der IMDb

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