Mein Name ist Nobody

Mit „Für eine Handvoll Dollar“ (1964), „Für ein paar Dollar mehr“ (1965), „Zwei glorreiche Halunken“ (1966) und „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968) hat Sergio Leone sich äußerst erfolgreich von der Tradition des US-amerikanischen Western emanzipiert und maßgeblich das Genre des sogenannten „Spaghetti-Western“ geprägt. Nachdem er 1971 mit „Todesmelodie“ seinen vorerst letzten Beitrag dazu geleistet hatte, lieferte er zu „Mein Name ist Nobody“ (1973) zwar eigentlich nur die Idee für den Film von Leones Regieassistenten Tonino Valerii, doch trägt der humorvolle Abgesang auf das Western-Genre deutliche die Handschrift des Meisters.
Der berühmte, aber merklich gealterte Revolverheld Jack Beauregard (Henry Fonda) will sich zur Ruhe setzen und im Jahr 1899 mit einem Passagierschiff nach Europa auswandern. Doch der geplante Abgang zieht ungewollte Aufmerksamkeit auf sich. Zum einen gibt es immer noch Gangster, die noch eine offene Rechnung mit ihm begleichen wollen, zum anderen einen namenlosen Bewunderer (Terence Hill), der ungewöhnlich viel über Beauregards Leben weiß und alles daran setzt, ihm ein Denkmal zu setzen. Dabei ist er selbst blitzschnell mit der Hand an seiner Waffe und rettet seinem Idol gleich zu Beginn das Leben. Fortan ist „Nobody“ davon getrieben, Beauregard zur Legende zu machen, und inszeniert einen fulminanten Showdown, bei dem sich der müde Revolverheld noch einmal einer „wilden Horde“ von 150 Gangstern stellen muss …
Wie prägend der Einfluss von Sergio Leone auf „Mein Name ist Nobody“ gewesen ist, macht bereits die Eröffnungsszene deutlich, in der sich Beauregard rasieren lassen will. In langen Einstellungen, die an Leones Klassiker „Spiel mir das Lied vom Tod“ erinnern, wird der Barbier mit seinem Jungen von einer Gruppe von Gangstern geknebelt und in einem Schrank eingesperrt, während einer der Gauner die Rolle des Barbiers einnimmt, in Ruhe seine Vorbereitungen trifft, während sein Klient mit geschlossenen Augen auf den Beginn der Prozedur wartet und draußen die übrigen Gangster gespannt darauf warten, dass Beauregard die Kehle durchgeschnitten wird. Doch der erfahrene Revolverheld hat längst Lunte gerochen und seine Waffe auf die Genitalien des mutmaßlichen Barbiers gerichtet, so dass dieser gezwungen ist, die Rasur besonders gründlich zu erledigen, wenn er nicht eines von Beauregards unzähligen Opfern werden will.
Die Schnitte von Szenen in dem Barbier-Salon zu den wartenden Gangstern vor dem Salon bringen die zum Zerreißen angespannte Spannung wunderbar zum Ausdruck. Doch während Henry Fonda, der bereits in US-Western wie John Fords „Faustrecht der Prärie“ (1946), „Bis zum letzten Mann“ (1948), Edward Dmytryks „Warlock“ (1959) und John Fords/Henry Hathaways Epos „Das war der wilde Westen“ (1962) zu sehen war und dann von Leone in „Spiel mir das Lied vom Tod“ die Hauptrolle neben dem damals noch weithin unbekannten Charles Bronson bekam, als alternder, berufsmüder und kränkelnder Revolverheld den Abgesang auf die romantischen Vorstellungen des wilden Westens verkörperte, brachte Terence Hill mit seinem komödiantischen Talent eine unterhaltsame Facette in den Film. Schließlich hat er in etlichen Karl-May-Verfilmungen („Der Ölprinz“, „Unter Geiern“, „Old Surehand“) und Italo-Western („Django und die Bande der Gehenkten“, „Vier für ein Ave Maria“), vor allem aber in den Buddy-Western mit Bud Spencer („Hügel der blutigen Stiefel“, „Der Teufel kennt kein Halleluja“, „Die rechte und die linke Hand des Teufels“) sein Leinwand-Charisma unter Beweis stellen können.
Die ungewöhnliche Kombination aus dem melancholischen Abschied, den Fondas Figur zur Jahrhundertwende vom einst wilden, nun zunehmend vermeintlich zivilisierten, aber auch offensichtlich gewalttätigeren Westen nehmen will, und der cleveren Frohnatur, die Hill verkörpert, verleiht „Mein Name ist Nobody“ seinen großen Unterhaltungswert. Dabei darf Hill so einige seiner fast schon artistischen Einlagen zum Besten geben, mit denen er seine Widersacher der Lächerlichkeit preisgibt, während er sie – jeweils von lockeren Sprüchen begleitet – ausschaltet.
Eine besondere Erwähnung verdient natürlich auch der geniale Score von Ennio Morricone, mit dem Leone seit „Eine Handvoll Dollar“ zusammengearbeitet hat. Neben der berühmten Titelmelodie, die sowohl auf die Geschichte des Italo-Western verweist als auch den humorvollen Ton von „Mein Name ist Nobody“ betont, zitiert er nicht nur seine eigene Musik aus „Spiel mir das Lied vom Tod“ und einigen anderen Western, in denen Henry Ford mitwirkte, sondern auch Richard Wagners „Ritt der Walküren“. Zwei Jahre später inszenierte Damiano Damiani – ebenfalls mit Unterstützung von Sergio Leone – mit „Nobody ist der Größte“ (1975) noch eine – weit weniger gelungene – Fortsetzung, bevor Leone mit „Es war einmal in Amerika“ 1984 sein Magnum Opus ablieferte und seinen Abschied als Filmemacher feierte.
"Mein Name ist Nobody" in der IMDb

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