Che - Teil 2: Guerrilla

Steven Soderbergh zählt fraglos zu den unbequemeren, unberechenbareren Filmemachern in Hollywood. Neben seinen charmanten Independent-Produktionen wie seinem Erstlingswerk „Sex, Lügen und Video“ stehen stilistisch versierte und verspielte Blockbuster-Erfolge wie die „Ocean’s“-Trilogie und die Thriller-Romanze „Out of Sight“. Und dann sind da noch so schwer zu fassende Biopics wie die Verfilmung von Ernesto „Che“ Guevaras Memoiren „Reminiscences of the Cuban Revolutionary War“. Hierzulande wurde das mehr als vierstündige Werk in die beiden Teile „Revolución“ und „Guerrilla“ gesplittet. Dabei wird der Reiz der beiden Hälften erst durch die Gesamtschau sichtbar. 
 

Inhalt: 

Nachdem Ernesto „Che“ Guevara (Benicio Del Toro) zusammen mit Fidel Castro (Demián Bichir) in den ausgehenden 1950er Jahren erfolgreich die Revolution in Kuba gegen die Truppen des Militärdiktators Fulgencio Batista durchgesetzt hat, sieht er seine Aufgabe im Jahr 1965 als beendet an. In einem öffentlich von Castro verlesenen Brief legt Guevara alle seine Ämter in der Castro-Regierung nieder und gibt die kubanische Staatsbürgerschaft wieder ab, die ihm wegen seiner außerordentlichen Verdienste für das Land verliehen worden war. Doch Guevara denkt nicht daran, sich zur Ruhe zu setzen. Da er noch großen Bedarf sieht, auch die süd- und mittelamerikanischen Länder von ihren Militärdiktaturen zu befreien, macht er sich mit ein paar treuen Anhängern am 3. November 1965 unter falschem Namen mit verändertem Aussehen auf den Weg nach Bolivien. 
Doch Guevara muss schnell einsehen, dass er in diesem Land längst nicht so einfach den Sieg erreichen kann wie in Kuba, denn auf der einen Seite gelingt es Guevara und seinen Sympathisanten wie dem französischen Schriftsteller Regis Debray (Marc-André Grondin) und der Deutschen Tania (Franka Potente) nicht, die bolivianische Landbevölkerung auf ihre Seite zu ziehen, auf der anderen Seite versteht es Präsident Barrientos (Joaquim de Almeida) weitaus effizienter, mit seinen Militärs und den Beratern von der CIA, die Kontrolle über die Bevölkerung zu behalten… 

Kritik: 

Was in dem ersten, „Revolución“ betitelten Teil so schulbuchmäßig gelang, scheitert ebenso grandios im zweiten Teil „Guerrilla“. Soderbergh gelang es eindrucksvoll, in „Revolución“ nicht nur die anhaltende Begeisterung Guevaras selbst, sondern auch seiner Gefolgsleute und der Bevölkerung einzufangen, so dass die geplante Revolution trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit gegenüber den Regierungstruppen überhaupt nicht gestoppt werden konnte. Während Soderbergh im ersten Teil nie einen Zweifel über den Erfolg von Guevaras Mission aufkeimen ließ, steht „Guerrilla“ unter genau entgegengesetzten Vorzeichen, denn in Bolivien scheint niemand außer Guevara selbst die Revolution zu wollen, weshalb sie von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen ist.  
„Guerrilla“ stellt aber nicht nur eine Chronik des Scheiterns dar, sondern demonstriert auch Ches ungebrochenen Willen, der Revolution zum Erfolg zu verhelfen. Mit seinen überschaubaren Weggefährten kämpft sich Guevara durch das bolivianische Hochland, kümmert sich um die Einteilung der Wachen, Bestrafung von Lügnern, Beschaffung von Nahrungsmitteln. „Guerrilla“ thematisiert vor allem den ermüdenden Marsch durch die Wälder des Hochlands, die Auseinandersetzung mit den Regierungstruppen, die im Gegensatz zu den Gegebenheiten in Kuba keine Schwierigkeiten haben, Che und seine Leute in ihre Gewalt zu bringen und die geplante Revolution zum Scheitern zu bringen. Für den Zuschauer ist das ebenso ermüdend wie für Guevaras Trupp. 
Soderbergh hat den zweiten Teil nämlich viel konventioneller inszeniert als den ersten, verzichtet weitgehend auf Rückblenden und ein wuchtiges Finale. Stattdessen wird Guevara erst nach und nach, aber unentrinnbar der Boden unter den Füßen weggezogen. Am Ende ist er nur noch ein gefesseltes Häufchen Elend in einer Waldhütte. Dass diesem sperrigen Stoff kein Erfolg an den Kinokassen vergönnt war, verwundert nicht. Aber Soderbergh hat einmal mehr unter Beweis gestellt, dass er einfach sein Ding durchzieht. Dafür gebührt ihm der höchste Respekt.  

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