The Good German
Nach dem mit den internationalen Regiegrößen Wong Kar-wai und Michelangelo Antonioni realisierten Episodenfilm „Eros“ und dem experimentellen Drama „Bubble“ war es für Steven Soderbergh mal wieder Zeit für ein prominent besetztes, leinwandfüllendes Drama. Mit dem Schwarzweiß-Drama „The Good German“ (2006) huldigte der zwischen Arthouse-Filmen und Blockbuster-Kino nicht immer souverän wandelnde Filmemacher dem Film Noir der 1940er Jahre und präsentierte ein technisch wieder brillantes, inhaltlich nicht immer überzeugendes Drama vor dem Hintergrund des Wiederaufbaus Deutschlands nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.
Der US-amerikanische Journalist Jake Geismar (George Clooney) reist zur Potsdamer Konferenz ins Nachkriegs-Berlin und trifft überraschenderweise auf seine ehemalige Angestellte und Geliebte Lena Brandt (Cate Blanchett), die mit Geismars geschäftstüchtigen Fahrer Patrick Tully (Tobey Maguire) liiert ist. Tully hat nicht nur Geismars Brieftasche entwendet und bietet ihm anschließend Geld an, um in der zerstörten deutschen Hauptstadt zahlungsfähig zu bleiben, sondern empfindet auch keine Skrupel, seine Freundin zu hintergehen. Als er nämlich Lena besuchen will, wird er zusammengeschlagen und nach dem Aufenthalt von Emil Brandt gefragt, dem Ehemann der deutschen Jüdin, die den Holocaust überlebt hatte. Tully braucht nicht lange, um herauszufinden, dass es sich bei dem Gesuchten um den Ehemann seiner Freundin handelt, der als Mathematiker am Raketenprojekt V2 beteiligt war und nun untergetaucht zu sein scheint.
Da sowohl Russen als auch US-Amerikaner auf der Suche nach deutschen Raketenspezialisten sind, wittert er ein Geschäft, das für Tully allerdings tödlich endet. Dass er innerhalb der Sowjetischen Besatzungszone in einem Fluss mit 50.000 Reichsmark aufgefunden wird, interessiert allerdings weder die amerikanischen noch die sowjetischen Behörden, da sich der Vorfall zu einem politisch denkbar ungünstigen Zeitpunkt ereignete. Jake forscht daher auf eigene Faust weiter, versucht dabei, seiner alten Liebe zur Flucht zu verhelfen, und gerät dabei in ein Ränke- und Intrigenspiel zwischen den Siegermächten. Auch sein alter Freund Bernie (Leland Teitel) scheint ein doppeltes Spiel zu führen. Als hilfreich erweisen sich nur die Hinweise des loyalen Barkeepers Danny (Tony Curran), doch je tiefer Jake gräbt, auf desto mehr Rätsel stößt er, das auch Lenas Verhalten mit einschließt…
Kritik:
Schon mit dem schwarzweißen Warner-Bros.-Logo im Vorspann verbeugt sich Soderbergh vor den stilprägenden Meisterwerken des Film Noirs, allen voran Michael Curtiz’ „Casablanca“ (1942), Carol Reeds „Der dritte Mann“ (1949), Jacques Tourneurs „Berlin-Express“ (1948) und Billy Wilders „Eine auswärtige Affäre“ (1948), aber auch den Filmen von Otto Preminger, Robert Siodmak und Fritz Lang.
In der Verfilmung von Joseph Kanons gleichnamigen Roman bemühte sich Soderbergh um größtmögliche Authentizität, verzichtete nicht nur auf Zoomobjektive, sondern auch auf tragbare Funkmikrophone. Die allesamt in Los Angeles entstandenen Szenen wurden mit Glühlampen beleuchtet, der Film im 35-mm-Format gedreht.
Zusammen mit der Oscar-nominierten Filmmusik von Thomas Newman, der den von den Produzenten zuvor abgelehnten Score von David Holmes ersetzte, stellt „The Good German“ ein allein schon in technischer Hinsicht grandioses Spektakel dar, das aber durch die hervorragenden Darsteller getragen wird. Tobey Maguire gehören zwar die ersten Minuten des Dramas als aufgedrehter Fahrer und zwielichtiger Geschäftemacher, doch dann drängt sich Cate Blanchett („Blue Jasmine“, „Die Journalistin“) mit ihrem pointierten Spiel als undurchschaubare Femme fatale zunehmend in den Vordergrund. George Clooney, der mit Soderbergh auch bei „Out of Sight“, der „Ocean’s“-Trilogie und „Solaris“ zusammengearbeitet hat, treibt mit seiner Suche nach der Wahrheit die Story voran, bekommt dabei aber immer wieder ordentlich eine verpasst.
Die erst spät ins Spiel kommende Juden-Thematik wird dabei leider nur angerissen. Soderbergh scheint sich mehr auf die vertrackten Intrigen und Täuschungsmanöver vor dem Hintergrund der für die Zukunft Deutschlands so wichtigen Potsdamer Konferenz mit dem britischen Premierminister Clement Attlee, US-Präsident Harry S. Truman und dem sowjetischen Diktator Josef Stalin zu interessieren als für die Aufarbeitung der massenhaften Vernichtung jüdischen Lebens. Immerhin wird das US-amerikanische Engagement in Deutschland als Rettungsmission kritisch hinterfragt, doch in erster Linie ist es die komplizierte Beziehung zwischen Jake und Lena, die den Kern von „The Good German“ ausmacht. Statt jedoch sich nahezu sklavisch – wie in der Schlussszene - gerade vor „Casablanca“ und anderen ikonischen Werken der Noir-Ära zu verbeugen, hätte Soderberghs Drama etwas mehr Originalität gut zu Gesicht gestanden.
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