Der lange Weg
Richard Pearce ist zwar überwiegend fürs Fernsehen aktiv gewesen, hat in seiner Werksbiografie aber auch einige sehenswerte Kinofilme inszeniert. Unter seinen bekanntesten Werken finden sich der Thriller „Gnadenlos“ (1986) mit Richard Gere und Kim Basinger in den Hauptrollen und die Liebeskomödie „Der Schein-Heilige“ (1992) mit Steve Martin und Debra Winger. Davor erschien mit „Der lange Weg“ (1990) ein bewegendes Drama, das die Rassentrennung im Süden der USA Mitte der 1950er Jahre thematisiert.
Die Afroamerikanerin Odessa Cotter (Whoopi Goldberg) arbeitet als Haushälterin bei einer wohlhabenden weißen Familie. Während Norman Thompson (Dwight Schultz) für den Familienunterhalt sorgt, erledigt seine Frau Miriam (Sissy Spacek) die Einkäufe und kümmert sich um wohltätige Angelegenheiten. Doch als eine junge Frau namens Rosa Parks in Montgomery, Alabama festgenommen wird, weil sie sich geweigert hat, ihren Sitzplatz im Bus für einen weißen Fahrgast zu räumen, nehmen die rassistischen Ressentiments der Weißen zu, aber auch Norman und Miriam streiten sich über den angemessenen Umgang mit Odessa.
Als die Schwarzen in Montgomery zu einem Busboykott aufrufen, ist Odessa gezwungen, den langen Weg von zuhause zu den Thompsons zu Fuß zurückzulegen, aber Miriam erklärt sich bereit, an den beiden Tagen der Woche, an denen sie zum Straßenmarkt fährt, Odessa mitzunehmen, ohne ihrem Mann davon zu erzählen. Der hat sich auf Drängen seines jüngeren Bruders Tunker (Dylan Baker) dem Rat Weißer Bürger angeschlossen, die verhindern wollen, dass mit den Schwarzen sympathisierende weiße Frauen mit organisierten Fahrdiensten Schwarze in die Stadt zu bringen. Als Norman von seinem Bruder darauf aufmerksam gemacht wird, dass auch Miriam sich für diese Fahrdienste zur Verfügung stellt, eskaliert die Situation…
Kritik:
Drehbuchautor John Cork hat die Geschichte von Rosa Parks, deren Verhaftung nicht nur den Busboykott in Montgomery, Alabama, auslöste, sondern auch entscheidend den Beginn der Bürgerrechtsbewegung 1955 in den USA mitprägte, bereits für den Kurzfilm „The Long Walk Home“ geschrieben, bevor sie drei Jahre später zu einem Kinofilm ausgeweitet wurde.
Hier wird zwar auch kurz der Vorfall thematisiert, der zu Rosa Parks‘ Verhaftung geführt hat, doch im Mittelpunkt des Films stehen die beiden Frauen, die über den Konflikt zur Rassentrennung auf einfühlsame Weise einander näherkommen. Dabei sind die Fronten zunächst weit weniger klar, als die gesellschaftliche Situation der Beteiligten vermuten lassen würde, denn Miriam ist als Kind ebenfalls mit einem schwarzen Hausmädchen aufgewachsen.
Während ihr Mann gerade durch seinen fanatischen Bruder zu einem Rassisten mutiert, versucht Miriam auf eigene Faust das Leben ihrer schwarzen Haushälterin angenehmer zu machen, seit sie nicht mehr mit dem Bus fahren kann. Dass das Drama so gut funktioniert, ist neben dem guten Drehbuch vor allem den beiden Schauspielerinnen Whoopi Goldberg („Die Farbe Lila“, „Ghost – Nachricht von Sam“) und Sissy Spacek („Carrie“, „The Straight Story“) zu verdanken, die ihren Figuren die nötige Tiefe und Glaubwürdigkeit verleihen. So kommt „Der lange Weg“ ohne effektheischende Spannungsmomente aus und konzentriert sich ganz auf die Schlüsselmomente der Anfänge der Bürgerrechtsbewegung.
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